Wien gehört zu den grünsten Metropolen Europas
Von Bernhard Ichner
Wien ist Europameister. Denn in keiner anderen europäischen Metropole ist der sogenannte Versieglungsgrad so niedrig wie in der Hauptstadt: Wie das aktuelle Grünraum-Monitoring der Umweltschutzabteilung (MA22) zeigt, befinden sich nur auf 27,8 Prozent des gesamten Stadtgebiets Wohnbauten, Betriebe oder Straßen. Der unversiegelte Rest setzt sich aus Wäldern, Grünflächen, Ackerland, beschotterten Parkplätzen sowie Wasserflächen zusammen.
Umgelegt auf die Einwohnerzahl entspricht das 70 Quadratmeter versiegelter Fläche pro Kopf. Das macht Wien punkto Grün-Anteil zum absoluten Spitzenreiter im Ländervergleich: Laut auf Satelliten-Daten basierenden Berechnungen rangieren dahinter Prag (28,3%) und Berlin (32,8%) auf den Plätzen zwei und drei.
Neue Parks entstehen
Das ist aber nicht die einzige Erfolgsmeldung in Zusammenhang mit dem Grünraum-Monitoring, das alle zehn Jahre durchgeführt wird. Die zweite lautet: „Wien wird immer grüner“. Denn obwohl die Stadt seit der bis dato letzten Untersuchung einen Bevölkerungszuwachs in der Größe von Graz verzeichnete, konnte der Grünraum von damals 51 auf nunmehr 53 Prozent ausgeweitet werden, berichtet Stadträtin Ulli Sima (SPÖ).
Bestehender Grünraum werde so gut wie möglich geschützt und laufend erweitert, betont sie. In den kommenden Jahren errichte die Stadt mehr als 13 Hektar neuer Parkflächen. Zu den 850 bestehenden Parks kommen neue Projekte dazu.
So wird etwa der Reumannplatz neu gestaltet, wobei der Grünanteil um 13 Prozent erhöht werde. Im Herbst dieses Jahres startet der Bau des 2,8 Hektar großen Elinor-Ostrom-Parks in der Seestadt Nord. Und 2020 soll die Errichtung des 9,3 Hektar großen Parks am Nordbahnhofgelände beginnen – Stadtwildnis und urbane Terrassen inklusive.
Stadterweiterung
Ein Grund für die europäische Spitzenplatzierung punkto Versieglungsgrad sei, dass die Stadterweiterung in Wien nicht auf der „grünen Wiese“ erfolge, erklärt Sima. Stattdessen lege man Augenmerk darauf, bereits versiegelte Flächen – etwa alte Fabriken oder auch Bahnhofsareale – neu zu nützen. So geschehen etwa bei Nordbahnhof und Nordwestbahnhof, Sonnwendviertel oder im Fall der Seestadt Aspern, die auf dem gleichnamigen Flugfeld errichtet wurde.
Der bundesweite Trend ist ein anderer, betont man in Wien gern. Denn Österreich-weit werden im Schnitt täglich rund 13 Hektar Grün- und Ackerfläche verbaut – obwohl rund 40.000 Hektar Industrieareale brachliegen würden.
Punkto Technik geht Wien übrigens auch eigene Wege: Für besagtes Grünraum-Monitoring wurden im Zuge von Überflügen Infrarot-Bilder der Grünräume erstellt. Dies ermögliche deutlich genauere Ergebnisse als die Auswertung von Satellitenaufnahmen, die aus weit größerer Entfernung gemacht werden, erklärt Naturschutz-Experte Wolfgang Khutter von der MA22. Im nahen Infrarotbereich können die Grünflächen auf den Meter genau erfasst werden.
Hitze-Inseln
Das Streben nach mehr Grün betrifft übrigens nicht nur die horizontalen Flächen in der Stadt. Denn in den Sommermonaten sorgen Asphalt, Beton und Dächer im dicht verbauten Gebiet für zum Teil extreme Temperaturen. Die Differenz zwischen Innenstadt und Umland kann bis zu zwölf Grad betragen. Um diese „Hitzeinseln“ – oder auch „Urban Heat Islands“ – zu entschärfen, schnürt die Stadt ein „Cooling-Paket“ um 500.000 Euro. Unter anderem sollen in den kommenden Jahren 150 begrünte Fassaden entstehen. 50 Häuser stehen allein in Favoriten.
Das Kühl-Paket umfasse zum einen die Förderung von Fassadenbegrünungen, sagt Khutter. Zum anderen aber auch die Pflanzung zusätzlicher Bäume als Schattenspender sowie die Installierung von Wasserspritzern.