Bilanz der Corona-Demo: 10.000 Teilnehmer, 850 Anzeigen, Organisator festgenommen
Eigentlich war für den Sonntag nur eine Kundgebung mit rund 30 Teilnehmern erlaubt. Geworden sind es letztlich um die 10.000. Die Polizei war allerdings auf den Ansturm vorbereitet, hatten viele Gruppierungen doch schon im Vorfeld in den sozialen Medien angekündigt, sich nicht an das Verbot halten zu wollen. Mit Unterstützung aus den Bundesländern waren in Wien mehr als 1.000 Beamte im Einsatz, die sich am Nachmittag den zunehmend aggressiven Demonstranten entgegenstellten.
Dass die Polizei fast alle Versammlungen untersagt hatte, dürfte dabei viele Teilnehmer erst recht angestachelt haben, Sonntagmittag zum Heldenplatz zu kommen. Neben den Corona-Maßnahmen der Regierung wurde vor dem Burgtor auch das Demo-Verbot scharf kritisiert. Anfangs verlief das noch recht friedlich, wenn auch weitgehend unter Missachtung des Masken- und Abstandsgebots.
Gegen 13 Uhr wurde in der Menge allerdings von einigen Rädelsführern angestachelt, die behaupteten, die Polizei wolle die Demonstranten einkesseln. Das führte dazu, dass mehrere hundert „Spaziergänger“ den für Autos zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesperrten Ring stürmten. Die Polizei forderte wiederholt zum Abgang auf, ehe die Demonstranten tatsächlich eingekesselt wurden, um die illegale Versammlung anschließend aufzulösen. Kurz darauf kam es bereits zum ersten von mehreren kleinen Zusammenstößen zwischen Beamten und Demonstranten, als diese versuchten, die Polizeisperre zu durchbrechen. Zwar war die Situation rasch unter Kontrolle, die Stimmung von nun aber deutlich aufgeheizter.
Wie schon zuletzt waren zahlreiche Rechtsextreme vor Ort – darunter auch Martin Sellner von den Identitären und Holocaust-Leugner Gottfried Küssel. Aber aber auch Verschwörungstheoretiker der QAnon-Bewegung, Künstler, religiöse Gruppen, Impfgegner sowie Esoteriker und Aluhut-Träger stimmten „Wir-sind-das-Volk“- und „Kurz-muss-weg“-Chöre an.
Zahlreiche Festnahmen
Immer wieder öffnete die Polizei Schleusen, um die Identitäten der am Ring zwischen Helden- und Maria-Theresien-Platz Eingekesselten festzustellen. 850 Anzeigen gab es laut Polizeipräsident Gerhard Pürstl, dazu kamen insgesamt zehn Festnahmen. Wie der KURIER aus Polizeikreisen hörte, wurde auch einer der Organisatoren, Martin Rutter, festgenommen, nachdem er einen Beamten attackiert haben soll.
Viele machten ihrem Ärger auch lautstark Luft: Gegen 15 Uhr machte sich ein großer Demozug – bestehend aus Parolen-schreienden Hooligans und Vertretern des rechten Randes sowie sogenannten „Querdenkern“ – auf in Richtung Schwedenplatz. Dort konnte die Polizei allerdings ein Aufeinandertreffen mit einer Handvoll linker Gegendemonstranten verhindern.
Auch auf der Mariahilfer Straße waren zahlreiche Demonstranten unterwegs, hier kam es aber zu keinen gröberen Zusammenstößen. Der Appell von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, der zuvor via Facebook zur Besonnenheit aufgerufen und die Polizei als „Freund“ gelobt hatte, hatte somit zumindest bei einem Teil der „Spaziergänger“ gefruchtet.
Doch nicht bei allen: Ein Polizei-Sprecher bezeichnete den Einsatz gegenüber dem KURIER als „besonders fordernd“ – unter anderem, weil die Beamten immer wieder grundlos beschimpft wurden. Außerdem wehrte sich die Exekutive in einer Aussendung gegen den FPÖ-Vorwurf, die Untersagung der Demos sei parteipolitisch motiviert gewesen. Ausschlaggebend waren laut Polizei ausschließlich Sicherheitsbedenken aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Wochen, wo ohne Masken und Abstand demonstriert worden war – wie auch an diesem Sonntag wieder.