Schulstart in Wien ohne positive Lehrer
In Wien beginnt am 5. September wieder die Schule, für 20.000 Kinder tut sie das zum ersten Mal. Insgesamt werden 240.000 Schülerinnen und Schüler wieder die Klassen bevölkern. Für Lehrkräfte, die mit dem Coronavirus infiziert sind, bleiben diese hingegen tabu. Dort, wo die Stadt dies dienstrechtlich regeln kann - also in den Pflichtschulen - werden positive Personen nicht unterrichten. Das hat Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) am Freitag bekräftigt.
Positive Personen unterrichten nicht an Pflichtschulen, Tests sind freiwillig
„Das ist ein viel zu hohes Infektionsrisiko“, begründete der Ressortchef die Entscheidung. Auch nicht-pädagogisches Personal in den Schulen muss bei einer Infektion diesen fernbleiben. Gemäß der Vorgaben des Bundes wäre es prinzipiell auch für infizierte Personen möglich, in die Schule zu kommen - wenn durchgehend eine Maske getragen wird.
Wiederkehr verwies heute auch auf die weiterhin bestehende Möglichkeit, freiwillig PCR-Tests durchzuführen. Verpflichtend sind diese im kommenden Schuljahr aber nicht mehr. Man gebe damit Normalität auch den Kindern zurück, freute sich der Stadtrat beim Pressetermin in einem neu errichteten Schultrakt in der Donaustadt.
Sollte das Infektionsgeschehen intensiver werden, könnten verpflichtende Tests wieder vorgeschrieben werden. Abhängig ist dies von der entsprechenden Stufe des Corona-Variantenmanagementplan des Gesundheitsministeriums. Aktuell laufe auch eine Ausschreibung des Bundes über die Durchführung, betonte Wiederkehr, der sich allerdings skeptisch zeigte: „Ich habe große Sorge, ob diese erfolgreich abgewickelt wird. Die letzte Ausschreibung war ja nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte.“ Das Bundesverwaltungsgericht hatte damals Verstöße gegen die Vergaberichtlinien geortet.
219 Millionen Euro Budget: Energieverbrauch nicht in Schulen reduzieren
Generell wurde heute auf die Investitionen in die Bildungsinfrastruktur verwiesen. 219 Millionen Euro wurden dafür heuer budgetiert. Mehr als 100 Klassen würden neu errichtet, berichteten Wiederkehr und Bildungsdirektor Heinrich Himmer. Auch auf klimaschonende Energieversorgung werde großer Wert gelegt, wurde beteuert. „Wir investieren ständig Geld, um den Energieaufwand zu senken“, hob Wiederkehr hervor. Sollte der Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden im Herbst reduziert werden, sollten die Bildungseinrichtungen aber die letzten sein, die heruntergefahren werden sollten, verlangte er.
Als Herausforderung gilt auch die Integration von Kindern aus der Ukraine, die vor dem russischen Angriff auf ihr Land flüchten mussten. 4.000 von ihnen wurden bereits im Schulsystem untergebracht. Für die Bewältigung der Aufgaben fordert Wien allerdings zusätzliche Lehrerkontingente vom Bund.
Kritike hagelte es nach der Pressekonferenz zum Schulstart von den Grünen. Die Bildungsstadtrat Wiederkehr hätte auf wichtige Themen keine Lösungen parat: „Eine Woche vor Schulbeginn haben nicht alle Schulen ausreichend Lehrer:innen, um gut ins Schuljahr starten zu können. Kein Wort dazu in der heutigen Pressekonferenz von Bildungsstadtrat Wiederkehr und Bildungsdirektor Himmer“, kritisieren die Grünen Bildungssprecher:innen Julia Malle und Felix Stadler in einer Aussendung. Der Lehrer:innenmangel Wiens ist schlimmer als je zuvor. Langfristige Maßnahmen zur Verringerung dieses Problems sind dringend notwendig.
Steigende psychisches Belastung
Zudem habe die Corona-Krise dazu geführt, dass die psychische Belastung unter Kindern und Jugendlichen weiter ansteigt. Dies ist keinesfalls zu Ende, nur weil wir jetzt einen Schulstart wie "damals" erleben. "Die psychischen Auswirkungen von Corona lösen sich ebensowenig wie das Virus in Luft auf. Bildungsstadtrat Wiederkehr ist hier in der Verantwortung dafür zu sorgen, dass ausreichend psychosoziales Unterstützungspersonal in allen Klassen Wiens eingesetzt wird. Wie viel Mittel für den psychosozialen Bereich in Zukunft an den Schulen eingesetzt werden, bleibt komplett offen“, so Julia Malle und Felix Stadler.
Kein Wort auch zur Inklusion, wo es vom Elementarbildungsbereich bis hin zum Pflichtschulbereich an allen Ecken und Enden hakt. Laut Medienberichten hat die Bildungsdirektion für das kommende Schuljahr keinen einzigen Antrag auf ein freiwilliges 11. Schuljahr für ein schwerbehindertes Kind zugelassen. Der „Schulstart für 240.000 Kinder“, von dem in der Pressekonferenz die Rede war, gilt offensichtlich nicht für alle.