Chronik/Wien

Wie an Wiener Schulen ab nächster Woche unterrichtet wird

In genau einer Woche geht es wieder los. Bevor am 18. Mai 150.000 Wiener Schüler in Volksschule, Neuer Mittelschule (NMS) und AHS-Unterstufe in ihre Klassen bzw. in Turnsäle oder andere Behelfsräumlichkeiten zurückkehren (AHS-Oberstufe und BHS folgen am 3. Juni), standen die einzelnen Schulen vor der Qual der Wahl: Jeder Standort durfte selbst entscheiden, wie gewährleistet wird, dass sich nicht zu viele Schüler gleichzeitig im Gebäude aufhalten. Von Bildungsministerium gab es dazu ursprünglich keine Vorgabe – was die Sache nicht einfacher machte.

In Wien wählte die Mehrheit der Schulen „Variante 2“ – also den täglich wechselnden Schulbesuch von Schülergruppe A und Schülergruppe B. Insgesamt bevorzugen 48 Prozent der Schulen diese Option. Bei den Volksschulen sind es 54 Prozent, bei den NMS 62 Prozent und bei den AHS 23 Prozent.

"Kein Mehrwert"

45 Prozent der Schulen entschieden sich für „Variante 1“. Diese bedeutet, dass Schülergruppe A die Schule montags bis mittwochs besucht und Schülergruppe B donnerstags und freitags (in der Folgewoche umgekehrt). Auffallend ist, dass 73 Prozent der AHS, die ja zu den Bundesschulen zählen, das zuletzt vom Bildungsministerium bevorzugte Modell wählten. (Bei Volksschulen waren es 39 und bei NMS 33 Prozent.)

In nur 7 Prozent der Schulen werden die Schüler nach „Variante 3“ wöchentlich abwechselnd unterrichtet.

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In Wien empfindet man diese schulautonomen Entscheidungsfindung nicht als Vorteil. „Ich bin damit nicht glücklich, dadurch entsteht den Schulen kein Mehrwert. Ich hätte mir eine zentrale Vorgabe des Bundes gewünscht“, betont Bildungsdirektor Heinrich Himmer.

Geschwisterkinder

Ein möglicher Nachteil der Wahlfreiheit offenbare sich bei Familien mit schulpflichtigen Geschwisterkindern. Berufstätige Eltern würden belastet, wenn die Kinder zu unterschiedlichen Zeiten in der Schule seien.

Zumindest theoretisch. Denn in den Schulen besteht auch für die unterrichtsfreie Zeit die Möglichkeit zur Betreuung. Diese Option werde zurzeit aber bloß von vier Prozent der Schüler in Anspruch genommen, so Himmer.

Dass die Schulen für die letzten paar Wochen geöffnet werden, begrüßt der Bildungsdirektor. Er sei für die Schüler wichtig, „das Schuljahr gemeinsam zu einem vernünftigen Abschluss zu bringen“. Alles andere wäre in etwa so befriedigend, "wie per SMS Schluss zu machen".

Keine Absprache zwischen Bund und Ländern

Eine einheitliche Regelung hätten sich die Bildungsverantwortlichen der Stadt aber nicht bloß bei den Schichtmodellen gewünscht, sondern auch beim Umgang mit Personal ab 60 Jahren – in Wien sind das immerhin rund acht Prozent der Lehrer.

Die Entscheidung, dass Bundeslehrer auch ohne ärztliches Attest zu Hause bleiben dürfen, habe das Ministerium den Bundesschulen ohne vorherige Absprache mit den Ländern kommuniziert, kritisiert Himmer. Ob das für Landeslehrer auch gelten wird, entscheidet sich zwar erst im Lauf der Woche. In den einzelnen Bundesländern sind aber durchaus bereits Tendenzen erkennbar: Während sich abzeichnet, dass Niederösterreich die Landeslehrer genau wie die Bundeslehrer behandeln wird, lehnt zum Beispiel Oberösterreich diesen Weg ab.

Und auch in Wien hat man mit dieser Richtlinie keine Freude - obwohl der Bund davon ausgeht, dass etwa 90 Prozent der berechtigten Über-60-Jährigen ohnehin nicht von der Ausnahme Gebrauch machen werden. Wie Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) lehnt auch Himmer Sonderwege für einzelne Berufsgruppen ab. Das sei kontraproduktiv und spiele eine Berufsgruppe gegen die andere aus.