Chronik/Wien

Einkaufsstraßen: Wenn die Kunden im Grätzel fehlen

Das Leben in den Einkaufsstraßen in den Wiener Außenbezirken ist für Unternehmer schwierig: Fast Food, ein Haarschnitt oder eine Handyreparatur? All das gibt es – nur wenige Meter nebeneinander. Kebab-Läden reihen sich an Friseure, Sonnenstudios und Schlüsseldienste. Viele andere Unternehmer haben hier aber längst aufgegeben.

Ein Aufwärtstrend ist nicht zu bemerken. Im Gegenteil. Die auf Hochglanz polierten Einkaufsstraßen in Zentrumsnähe haben jenen in den Außengrätzeln den Rang abgelaufen. Das ist nicht nur die gefühlte Realität, es lässt sich auch mit Zahlen belegen. Sie stammen aus einer Analyse der Wirtschaftskammer Wien, die die Entwicklung seit den 1970er-Jahren nachverfolgt.

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Ein Ergebnis: In bekannten innerstädtischen Einkaufsstraßen steigen die Passantenzahlen seit Jahren kontinuierlich. Und das, obwohl die Einwohnerzahlen der jeweiligen Bezirke stagnieren oder sinken. In Außenbezirken herrscht das gegenteilige Bild: Während die Bewohnerzahlen steigen, sinkt die Zahl der Passanten auf den örtlichen Einkaufsstraßen.

Alle drängen ins Zentrum

Besonders deutlich wird das, wenn man den 1. und 21. Bezirk gegenüberstellt. Obwohl die Einwohnerzahl in der Inneren Stadt auf 16.000 Personen gesunken ist, erfreut sich die Kärntner Straße großer Beliebtheit. Die Passantenzahlen haben sich seit der ersten Zählung im Jahr 1973 mehr als verdoppelt. Zuletzt waren es 56.500 Personen pro Tag.

Floridsdorf wächst demgegenüber kräftig, der Bezirk zählt rund 166.000 Einwohner. Die Händler auf der Brünner Straße, der zentralen Einkaufsstraße, haben es aber immer schwieriger. Zuletzt waren es rund 7.500 Passanten pro Tag; im Jahr 1973 lag der Wert bei mehr als 10.000.

Investitionen fehlen

Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Die Stadt und die Bezirke haben kräftig in die zentralen Einkaufsstraßen investiert: 25 Millionen Euro etwa in die Mariahilfer Straße, die vor fünf Jahren in eine Begegnungszone umgebaut wurde. Die Passantenzahlen (siehe Grafik) sprechen für sich. Weitere Innenstadtstraßen (wie die Roten-turmstraße) folgten. So mancher Außenbezirk konnte da nicht mithalten.

Aber auch die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten spielt eine Rolle: Während die Betriebe in der Innenstadt – vor allem Filialen großer Ketten – immer länger offen halten, können sich das viele Kleine in den Außenbezirken nicht leisten. Die Probleme: zu hohe Mehrkosten und Personalprobleme.

Es braucht einen gesunden Wettbewerb der Zentren in der Stadt.  Das würde die Modernisierung vorantreiben
 

Alexander Biach, Wiener Standortanwalt

„Die Entwicklung beweist, dass einzelne Straßen kaum von Wien-weiten Bestimmungen profitieren. Es braucht Konzepte, die an die Bedürfnisse der Bezirke angepasst sind“, sagt Alexander Biach, Standortanwalt in der WKW. Seine Vision: Eine „Grätzelmillion“ für jeden Bezirk. Diese solle für gestalterische Projekte in den Erdgeschoßzonen und im öffentlichen Raum zweckgewidmet sein.

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Unterstrichen werde damit auch eine weitere Idee Biachs. Und zwar jene nach einer „polyzentralen Stadtentwicklung“. Was das heißt? Der Standortanwalt wünscht sich einen konstruktiven „Wettstreit der Stadtzentren“ innerhalb Wiens. „Das würde die Modernisierung und Revitalisierung vorantreiben.“

Für Einkaufsstraßen in den Außenbezirken besteht also noch Hoffnung.

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