Chronik/Wien

Vier Jahre Haft für 23-Jährige, die Bekannten niederstach

Für eine Messerattacke auf einen Bekannten, der sie ursprünglich über einen Escort-Service kennengelernt hatte, ist eine 23-jährige Frau am Mittwochabend von einem Wiener Schwurgericht zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. 

Die Geschworenen verwarfen die auf versuchten Mord lautende Anklage und sprachen die Frau wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Die Angeklagte hatte am frühen Morgen des 26. Oktober 2023 einen 34-jährigen Mann von einem Nachtlokal mit nach Hause genommen, „weil wir uns nach dem Sex gut verstanden haben“.

Erstmals hatte sie der 34-Jährige im Juli 2023 über einen Escort-Dienst gebucht, im Nachtlokal traf er sie dann zufällig wieder und zog sich mit ihr nach einigen Getränken in ein Zimmer zurück. Danach folgte er ihrer Einladung und setzte sich mit der Frau in ein Taxi. 

Seither rätselt der 34-Jährige, weshalb die 23-Jährige in ihrer Wohnung auf ihn losging. Die Frau sei schon ziemlich alkoholisiert und „fast nicht mehr ansprechbar“ gewesen und habe plötzlich von ihrem Ex-Freund zu erzählen begonnen, schilderte er als Zeuge dem Gericht. Das habe ihn nicht interessiert. 

Mit den Worten „Na gut, dann geh ich schlafen“ habe er sich ins Schlafzimmer begeben und hinlegen wollen. Da habe die 23-Jährige „Du bist wie mein Ex!“ gerufen, er habe von hinten einen Stoß bekommen. „Warum?“, wollte die vorsitzende Richterin wissen. „Das würde ich auch gern wissen“, sagte der 34-Jährige. 

Laut Anklage stieß ihm die 23-Jährige ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von neun Zentimetern drei Mal in den Rücken und ein Mal in die rechte Schulter. „Grundlos, ohne einen begreiflichen Anlass, völlig überraschend für das Opfer“, wie die Staatsanwältin betonte.  

Verteidiger Andreas Schweizer sah das anders. Seine Mandantin habe sich mit dem 34-Jährigen über ihrem Ex-Freund unterhalten wollen: „Das hat ihm nicht gefallen.“ Sie habe ihn daraufhin rausschmeißen wollen, dabei sei es zu einem Handgemenge gekommen.

„Die Messerstiche dienten der Abwehr. Sie wollte ihn nicht töten, sie wollte, dass er weggeht von ihr“, sagte Schweitzer, wobei er einräumte, es sei „übertrieben, was sie gemacht hat. Es war übertriebene Notwehr“. Die Angeklagte sei allerdings „völlig zugedröhnt von Alkohol und Drogen“ gewesen. 

„Ich trinke häufig zu viel, werde aber selten gewalttätig“, bemerkte die Angeklagte - eine gebürtige Deutsche - eingangs ihrer Beschuldigteneinvernahme. Sie sei auch damals in ihrer Wohnung „äußerst alkoholisiert“ gewesen. Sie habe ihrem Bekannten erzählt, „dass mich mein Ex-Freund mit seiner Gang fertigmacht. Er hat dabei gelächelt. Gelacht. Da wollte ich ihn rausschmeißen. Er hat gemeint, er geht höchstens schlafen und hat sich ausgezogen. Da habe ich mein Messer rausgeholt und gesagt, verlass die Wohnung“. 

Dem sei der Mann nicht nachgekommen, er habe sie „gestört“ genannt: „Da habe ich ihn geschubst mit dem Messer in der Hand. Da habe ich ihn erwischt leider. Im oberen Schulterbereich.“ 

In weiterer Folge habe der Mann - von Beruf Programmierer, mit 1,73 Meter deutlich kleiner als die Angeklagte und mit wenig mehr als 60 Kilogramm auch kein Schwergewicht - sie zu Boden gebracht und geschlagen. „Ich dachte, er will mich totschlagen. Ich dachte, er schlägt mir den Kopf ein“, behauptete die Angeklagte. Da habe sie am Rücken liegend mit dem Messer drei Mal in seinen Rücken gestochen, wobei sie „bewusst leicht“ vorgegangen sei: „Wenn ich ihn umbringen hätte wollen, hätte ich weiter ausgeholt.“ 

Der von der Angeklagten behaupteten Notwehr-Version schenkten die Geschworenen keinen Glauben. Sie kamen allerdings auch zum Schluss, dass kein Tötungsvorsatz gegeben war.