Uni-Neubau für Quantenphysik im Alten AKH kostet großen Teil der Grünfläche
Von Christian Mayr
Bauprojekte auf urbanen Grünflächen sind in Zeiten von Hitzewellen und Tropennächten eine äußerst heikle Angelegenheit. Umso überraschender war, als im Februar Pläne für ein neues Universitätsgebäude für Quantenphysik auf dem Gelände des Universitätscampus Altes AKH durchsickerten – zumal dieses buchstäblich auf der grünen Wiese gebaut werden soll.
Trotz anfänglicher heftiger Kritik ist der Weg für den sogenannten „Quantum Cube“ aber nunmehr frei, denn das Wissenschaftsministerium hat bereits grünes Licht gegeben: „Die Planungsfreigabe durch das Ministerium ist erfolgt, die Ausschreibung zur Planer-Suche läuft. Danach können die Planungen beginnen“, bestätigt Cornelia Blum, Sprecherin der Universität Wien, auf KURIER-Anfrage.
Auch der Kostenrahmen – kolportiert werden rund 22 Millionen Euro – sei bereits fixiert worden: „Alle notwendigen Freigaben durch das Ministerium sind erfolgt“, so Blum.
Entstehen soll der fünfgeschoßige Quantenwürfel (davon drei Stockwerke oberirdisch) auf der großen Wiese im Hof 2.
U-Bahn-Bau ist "schuld" am notwendigen Neubau
Die Fertigstellung ist laut Uni Wien für das Jahr 2027 vorgesehen. Und das hat einen Grund: Denn pikanterweise ist just der Wiener U-Bahn-Ausbau – also ein ausgewiesenes Klimaschutzprojekt der Stadt Wien – „schuld“ am notwendigen Neubau für die Quantenphysik.
Vibrationen stören die Messungen
Schließlich verläuft die weitere U5-Verlängerung nach Hernals (geplanter Baustart: 2027) über die Währinger Straße und damit in unmittelbarer Nähe zur Fakultät für Physik in der Boltzmanngasse. Präzisionsmessungen, wie sie Forscher des Instituts für Quantenoptik, Quantennanophysik und Quanteninformation künftig im Cube durchführen möchten, sind aber in diesem Umfeld nicht möglich.
Denn Vibrationen durch U-Bahnen lassen keine störungsfreien Messungen in der äußerst sensiblen Quantenforschung zu.
Und die Universität wirbt natürlich auch mit ihrem Star – Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger –, dessen Epigonen am neuen Standort unter besten Bedingungen Spitzenforschung in der Quantentechnologie betreiben sollen.
Allerdings zeigt sich beim KURIER-Lokalaugenschein, dass sich das Projekt nicht ganz so im Quantenbereich abspielt, wie es die Universität gerne darstellt: So würde der Neubau lediglich 400 von insgesamt 96.000 Quadratmetern des gesamten Campus benötigen, heißt es.
Hälfte der Grünfläche in Hof 2 könnte wegfallen
Planungsunterlagen zeigen aber, dass nahezu die Hälfte der bestehenden Grünfläche in Hof 2 beansprucht würde – und diese Wiese ist auch die größte Freifläche am gesamten Areal und daher bei Jung wie Alt entsprechend beliebt. Besonders prägend ist der ausladende Judasbaum, ein Naturdenkmal, das sich nur rund 15 Meter vom Bauplatz entfernt befindet. Er soll während der Bauphase „mit besonderer Sorgfalt“ geschützt werden, wird versprochen.
Kaum bekannt war, dass diese Grünfläche bereits seit 2002 als Bauland gewidmet ist (Plandokument 7380), weshalb das Projekt schwerlich zu verhindern ist, wie es etwa die ÖH kämpferisch ankündigte („Kein Quantum Cube im Hof 2!“). Auch Alsergrunds Bezirksvorsteherin Saya Ahmad (SPÖ) hat zuletzt bekundet, wenig Freude mit dem Projekt zu haben, da diese Grün-Oase auch von Anwohnern sehr geschätzt werde. Sie hat die Uni daher ersucht, Alternativstandorte für den „Quantum Cube“ zu prüfen.
Quantum Cube: Der geplante fünfstöckige „Quantum Cube“ auf der großen Wiese im Hof 2 des Unicampus Altes AKH soll eine bestehende Grünfläche von 20 mal 20 Metern beanspruchen.
Klimaschutz: Projektvorgabe ist laut Universität Wien, dass es hinsichtlich Biodiversität und Klimaschutz zahlreiche Ausgleichsmaßnahmen gibt: Geplant ist, dass die verlorene Grünfläche in angrenzenden Höfen durch Entsiegelungsmaßnahmen kompensiert wird. Zudem sollen Fassade und Dach begrünt werden, außerdem wird das Aufstellen von Photovoltaik-Modulen geprüft. Auch geplant ist, dass Regenwasser auf Eigengrund versickert und bei der Errichtung möglichst viele ökologische Baustoffe verwendet werden.
Vorbehalt: Allerdings wird seitens des Bauträgers gleich eingeschränkt: „Die Umsetzung der Maßnahmen ist von der technischen und budgetären Machbarkeit abhängig."
Kritik bleibt
Diese Prüfung hat aber nichts Neues ergeben: Laut der Uni-Sprecherin habe man mehrfach Alternativen „intensiv geprüft“ – erstmals schon vor mehr als fünf Jahren –, das Ergebnis sei aber gleich geblieben: „Nur der Standort auf dem Campus bietet die notwendigen Voraussetzungen“, erklärt Blum.
Das können einige Anrainer freilich nicht so recht glauben: So werden in der Nähe gerade mehrere Großprojekte der Medizin-Uni umgesetzt – etwa in der Mariannengasse und auf dem AKH-Gelände. Da die U5-Trasse bereits seit 2014 bekannt sei, hätte man sich dort rechtzeitig Flächen sichern und kooperieren können statt jetzt komplett neu bauen zu müssen, wird kritisiert. Blum widerspricht: Diese Flächen würden „zur Gänze von der Medizinischen Universität benötigt. Es gab und gibt keinen Spielraum für Laborflächen der Uni Wien.“