Trotz Corona: "Die Wiener Parks bleiben offen, dazu stehe ich"
Selbst die umtriebige SPÖ-Stadträtin Ulli Sima hat mittlerweile auf Homeoffice umgestellt. „Ich treffe kaum noch Menschen“, sagt Sima und rückt die Handykamera zurecht. Im Video-Interview mit dem KURIER erklärt sie, warum sie die Parks dennoch geöffnet lassen will.
KURIER: Ihre Stadtratskollegin Kathrin Gaal wurde positiv auf das Coronavirus getestet. Müssen wir uns um die anderen Mitglieder der Stadtregierung sorgen?
Ulli Sima: Nein. Die Inkubationszeit ist vorbei – und es hat keiner der Kollegen Symptome gezeigt. Und mir geht es auch gut.
Viele Wienerinnen und Wiener würden sich gerne testen lassen, dürfen das aber nicht, weil sie keine Symptome zeigen. Verstehen Sie dieses Bedürfnis nach Sicherheit?
Ich bin keine Medizinerin. Aber alle Wienerinnen und Wiener zu testen, wäre Experten zufolge nicht sinnvoll.
Die gemeinsame Krisenkommunikation von Bund und Stadt hat lange gut funktioniert. Gestern gab es dann plötzlich Uneinigkeit über die Schließung von Spielplätzen und Parks. Spielplätze sind zu, Parks bleiben offen. Denken Sie nicht, dass dieses Durcheinander die Bevölkerung verunsichert?
Für uns in der Stadt war das am Donnerstag eine schwierige Situation. Wir haben am Sonntag vom Bund den Auftrag bekommen, die Spielplätze zu schließen. Das haben wir getan. Am Donnerstag gab es plötzlich andere Informationen. Die Stadt bleibt aber dabei – Spielplätze sind geschlossen. Das hat einen guten Grund: Wenn Kinder spielen, kann ich ihnen schlecht sagen, dass sie einen Abstand von einem Meter einhalten müssen. Das ist unrealistisch. Von den Wienerinnen und Wienern im Park kann ich das aber erwarten.
Auch in den Parks waren zu viele Menschen unterwegs.
Ich stehe dazu, dass die Wiener Parks offen bleiben. Das ist wichtig, sonst fällt den Menschen die Decke auf den Kopf. Anders als am Land haben hier nicht alle einen Garten oder einen Balkon. Wir haben genug Grünflächen in der Stadt, damit alle mit genügend Abstand einen kurzen Spaziergang machen können – alleine oder mit denen, mit denen sie zusammenleben. Ich plädiere dafür, dass wir die Parks auch in Zukunft offen halten. Das ist wichtig für die Psyche. Vor allem, wenn die Situation zwei oder drei Monate lang so bleibt wie jetzt.
Man kann also nur darauf vertrauen, dass die Menschen vernünftig sind.
Die Mehrzahl der Menschen ist vernünftig. Ich sehe Nachholbedarf bei der Information der Jungen. Wir haben uns darauf konzentriert, den Älteren die Gefahr des Virus zu erklären. Auch die Jüngeren müssen wir jetzt verstärkt sensibilisieren, dass es gefährlich ist.
Es bedarf großer Anstrengungen, dass die Stadt in so einer Situation weiter funktioniert. Wie haben Sie die kritische Infrastruktur abgesichert?
Wir haben seit jeher Notfallpläne und üben Krisenszenarien. Und eine Epidemie war ganz explizit eines der Szenarien. Deshalb funktioniert jetzt alles hervorragend. Ab dem ersten Verdachtsfall haben sich in den Abteilungen der Stadt – von der MA 48 bis zu den Wiener Linien – Krisenstäbe gebildet, die zusammenarbeiten.
Wie läuft das im Detail?
Ein Teil der Belegschaften ist im Homeoffice oder in Quarantäne zu Hause, damit wir sie abrufen können, falls es Krankheitsfälle gibt. All jene, die arbeiten, sind in gestaffelte Schichten eingeteilt, damit sie möglichst wenig Kontakt zueinander haben. Ein Schwierigkeit: Die Stadt war früher sehr dezentral organisiert, aus Effizienzgründen mussten wir in den vergangenen Jahren alles zu größeren Einheiten zusammenfassen. Das ist jetzt plötzlich ein Nachteil, aber wir haben alles sehr gut gelöst.
Können Sie garantieren, dass die Strom- und Wasserversorgung sichergestellt ist?
Ja, definitiv. Wir machen da wirklich Gürtel mit Hosenträgern. Bei der Wien Energie haben sich 53 Menschen freiwillig einkaserniert, um Stromnetz und Müllverbrennung am Laufen zu halten. Diese Kollegen schlafen vor Ort, treffen ihre Familien nicht. In vier Wochen kommt die Ablöse. Vor diesen Menschen kann man nur den Hut ziehen und ich möchte mich echt bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wien bedanken, die unsere Stadt auch in diesen Zeiten so toll am Laufen halten.
Versuchen wir über ein paar Dinge zu sprechen, die vor Corona wichtig waren: Zuletzt wurde über Mülltrennung diskutiert. Jetzt wird sogar gestraft, wer unabsichtlich etwas falsch wegwirft. Sind die Wiener so undiszipliniert?
Wir haben nur die Gesetzgebung an andere Bundesländer angepasst. Es geht auch nicht um kleine Fehler bei der Mülltrennung. Aber es gibt in Wien Menschen, die absichtlich ganze Säcke Restmüll in die Biotonne werfen und uns so ganze Chargen kaputt machen. Das gehört bestraft.
Sie haben zuletzt die SPÖ- Klimaschutzmaßnahmen präsentiert und fallen bei dem Thema generell auf. Wären Sie gerne Klimastadträtin anstelle von Birgit Hebein?
Ich bin gut ausgelastet. Aber so wie im Bund hat derjenige, der offiziell für den Klimaschutz zuständig ist, oft gar nicht die Kompetenzen für konkrete Maßnahmen. Bei mir hingegen sind viele Kompetenzen angesiedelt – mit der Wien Energie, dem Öffi-Verkehr, dem Abfallthema. Deshalb will ich Dynamik in das Thema bringen und Wien zur Klimamusterstadt machen.
Ein konkretes Projekt sind die begrünten Öffi-Haltestellen, die Sie im Vorjahr getestet haben. Kommen diese jetzt flächendeckend?
Bei den alten Stationen wird es baulich nicht möglich sein. Wir haben im Vorjahr ein Pilotprojekt gestartet. Alle neuen Haltestellen werden automatisch ein begrüntes Dach haben.