Spuck-Video in der HTL Ottakring: Schüler nach Verweis wieder zurück
Die Schüler der HTL Ottakring staunten nicht schlecht, als sie am ersten Schultag diesen jungen Mann im Klassenzimmer erblickten. Es handelt sich um einen jener Schüler, die Anfang Juni offiziell der Schule verwiesen wurden.
Grund für den Schulausschluss war ein Video, das Anfang Mai in den Sozialen Medien auftauchte. Darin entsteht der Eindruck, ein Lehrer würde einem Schüler ins Gesicht spucken. Der Pädagoge wurde davor – ebenfalls im Video sichtbar – von dem körperlich überlegenen Schüler bedrängt und nach der Spuckattacke kräftig gegen die Tafel gestoßen. Der suspendierte Schüler berief gegen seinen Schulausschluss und ging zum Bundesverwaltungsgericht – mit Erfolg.
In dem Video ist auch zu sehen, wie mehrere Schüler den Lehrer festhalten und an dessen Kleidung ziehen, als dieser die Klasse verlassen will. Das war der Grund für den Ausschluss. Laut Gesetz muss ein Schüler allerdings seine Pflichten in schwerwiegender Weise verletzen oder durch sein Verhalten andere dauerhaft gefährden.
Die zuständige Richterin des Bundesverwaltungsgerichts sah diesen Tatbestand nicht erfüllt. Aufgrund der einmaligen Gewaltbereitschaft sei nicht von einer dauerhaften Gefahr durch den Schüler auszugehen.
Gewalttätige Schüler ausgeschlossen
Der bedrängte Lehrer unterrichtete nach dem Zwischenfall nicht mehr an der Schule. Eine Untersuchungskommission war zu dem Schluss gekommen, dass „die pädagogische Eignung nicht gegeben ist“. Aber auch für die Schüler gab es Konsequenzen. „Die HTL Ottakring beantragte den Ausschluss von sechs Schülern, unsere Juristen haben jeden Fall geprüft und in vier Fällen zugestimmt“, erklärte Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer damals in einer eigens einberufenen Pressekonferenz.
Die Ausschlüsse betrafen diejenigen Schüler, die in den Videos klar ersichtlich körperliche Gewalt angewandt hatten. Einer davon legte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dort wurde ihm Recht gegeben.
Bildungsdirektionssprecher Matias Meissner bestätigte die Entscheidung dem KURIER gegenüber: "Der Ausschluss wurde aufgehoben, der Schüler ist somit zurück an der Schule." Wichtig sei nun eine reibungslose Wiedereingliederung des jungen Mannes. Die Bildungsdirektion wolle hier die HTL und den Schüler unterstützen. Etwa durch schulpsychologische Maßnahmen.
Der Direktor der Höheren Technischen Lehranstalt in Ottakring, Johannes Bachmair, wollte die Aufhebung des Bescheids nicht weiter kommentieren. Er sagte allerdings, dass seiner Meinung nach alle Beteiligten aus den Vorkommnissen gelernt hätten. "Ich hoffe und gehe auch davon aus, dass mit diesem Schüler in Zukunft alles passen wird."
Vorgeschichte
In den Tagen nach der Veröffentlichung des Spuckvideos wurden im Internet weitere Aufnahmen geteilt. Diese legten nahe, dass der Lehrer von den Schülern über einen längeren Zeitraum systematisch schikaniert wurde. Es ist etwa zu sehen, wie der Mann von einer Papierkugel am Kopf getroffen wird, ihm ein Schüler mit einer Trillerpfeife aus wenigen Zentimetern Entfernung ins Ohr pfeift oder die Jugendlichen im Unterricht zu lauter Musik tanzen. Einer raucht sich sogar ungeniert eine Zigarette an.
Es folgten eine breite politische und mediale Debatte über die Verhältnisse an Wiener Schulen sowie eine langwierige Untersuchung im Auftrag der Bildungsdirektion. Geklärt wurde dabei unter anderem, ob der hilflos wirkende Lehrer – ein 50-jähriger Quereinsteiger – die nötige Hilfe erhalten hatte. Der Betroffene selbst hatte damals auf KURIER-Anfrage gesagt, dass er sich aufgrund des respektlosen Verhaltens der Schüler mehrmals an seinen Abteilungsleiter und den Direktor gewandt habe. Diese hätten jedoch verabsäumt zu handeln.
Seitens der Schulleitung wurde von Anfang an eine andere Sicht präsentiert: Der Lehrer sei überfordert gewesen und ihm sei mehrmals angeboten worden, Stunden zu reduzieren. Der Schuldirektor meinte damals zudem, dass es sich um eine sonst unauffällige Klasse handle. Bachmair, dem von Insidern eine gute Freundschaft zu Bildungsdirektor Heinrich Himmer nachgesagt wird, stand damals heftig unter Kritik. Unter anderem wurde eine Facebook-Seite mit dem Namen "Wir fordern: Rücktritt der Direktion der HTL Ottakring" gegründet. Diese hatte innerhalb weniger Tage 15.000 Fans, bevor sie gelöscht wurde.
Der unter Druck geratene Schulleiter kündigte bald darauf eine Disziplinarkonferenz an. In dieser wurde über die schulische Zukunft von mehr als zehn Schülern entschieden. Vier wurden schließlich ausgeschlossen. Einer ist nun zurück.