Chronik/Wien

1.000 Euro: Rigorose Strafen für freilaufende Listenhunde

Teuer zu stehen kommt einem Wiener Hundehalter ein Ausflug in die Lobau. Weil er seinem Vierbeiner im Naherholungsgebiet weder Leine noch Maulkorb angelegt hatte, wurde er bei einer Schwerpunktkontrolle von Polizei und Forstamt kurz vor Ostern zu 1.000 Euro Strafe verdonnert. Ein weiterer Hundehalter musste wegen der fehlenden Leine 500 Euro bezahlen. Die Pönalen fielen so eklatant hoch aus, weil es sich in beiden Fällen um sogenannte Listenhunde (im Sprachgebrauch der Stadt also um "Kampfhunde") gehandelt hat.

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Zwar gelten die neuen Regelungen für Listenhunde seit Mitte Februar im gesamten Stadtgebiet. Es ist also egal, ob ein Listenhundehalter sein Haustier in der Lobau oder auf dem Reumannplatz frei laufen lässt - die Strafe ist immer dieselbe. Für den Forstbetrieb der Stadt (MA49) kommen die verschärften Regeln aber besonders gelegen. Denn in großen Naherholungsgebieten wie etwa der Lobau sind undisziplinierte Hundehalter schon länger ein Problem. Wie berichtet, erhoffte man sich durch Schwerpunktkontrollen in Kooperation mit der Polizei Verbesserungen. Wer seinen Hund - egal, welche Rasse - beim Spaziergang nicht an die Leine nahm und dabei erwischt wurde, musste bis dato 21 Euro Strafe zahlen. Oder bis zu 300 Euro, wenn es zur Anzeige kam.

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"Druck auf das Ökosystem"

Nachhaltige Verbesserungen blieben allerdings aus. Darum erachtet Forstdirektor Andreas Januskovecz die nunmehrige Straferhöhung als gute Möglichkeit, in der Lobau für Disziplin zu sorgen. "Die Obere Lobau ist ein Naherholungsgebiet, das von 1,2 Millionen Leuten im Jahr besucht wird - und jeder Zehnte hat einen Hund", sagt er. Dass täglich Hunderte ihre Vierbeiner frei laufen lassen, erzeuge Druck auf das Ökosystem. "Dadurch werden zum einen Wildtiere aufgeschreckt. Und zum anderen wird das subjektive Sicherheitsgefühl anderer Nationalparkbesucher  beeinträchtigt."

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Darum habe man sich entschieden, im Mai sowie im Frühsommer gemeinsam mit der Polizei noch mehrere Schwerpunktkontrollen in der Lobau durchzuführen. Listenhundehalter werden bei Vergehen gegen das neue Tierhaltegesetz besonders streng bestraft: Fehlt die Leine, macht das 500 Euro. Fehlt der Maulkorb, ebenso. Besitzern aller anderen Rassen drohen weiterhin 21 Euro Strafe.

Auf die Frage, ob ein freilaufender Listenhund dem Ökosystem mehr Schaden zufügt als etwa ein Schäfer oder ein Dackel, sagt Januskovecz: "Bei Kampfhunden, die keinen Beißkorb tragen, geht es mir insbesondere um den Schutz der anderen Besucher. Jeder soll sich sicher fühlen." Zudem gehe es darum, das Wild zu schützen.

0,5-Promille-Grenze

Zu dem Sicherheitspaket, das die zuständige SPÖ-Stadträtin Ulli Sima gemeinsam mit der Exekutive vorgelegt hat, zählt nicht nur eine generelle Leinen- und Maulkorbpflicht für die rund 3.300 Wiener Listenhunde im öffentlichen Raum. Sondern auch eine 0,5-Promille-Grenze für deren Halter. Neu ist zudem, dass Halter ab 1. Juli für die Neuanschaffung eines Listenhundes einen Sachkundenachweis erlangen müssen.

Ursache für die Novelle des Tierhaltegesetzes war der Tod eines einjährigen Buben in Wien. Das Kleinkind war voriges Jahr vom Hund einer alkoholisierten Halterin tödlich verletzt worden.

 

Dass Listenhunde dabei im Fokus stehen, ist heftig umstritten. Tierschutzorganisationen wie die "Vier Pfoten" oder der Wiener Tierschutzverein (WTV) stoßen sich ebenso daran wie die FPÖ. „Der Rassetyp bedeutet nicht automatisch, dass ein Hund gefährlich ist", sagt etwa "Vier Pfoten"-Kampagnenleiterin Martina Pluda. Auch Dackel würden zubeißen. Da habe oft mit dem Besitzer und seinem Mangel an Verantwortung zu tun. "Das Problem sitzt eigentlich immer am anderen Ende der Leine.“

Die Vier Pfoten plädieren daher für einen verpflichtenden Hundeführschein für alle Hundehalter, nicht nur für die Halter von Listenhunden. In Einzelfällen könne ja immer eine Beißkorbpflicht verordnet werden.