Bandenkriege in Wien: Polizei gibt neue Details bekannt
Bereits zum dritten Mal haben sich Sonntagabend rivalisierende Männergruppen zu einer Schlägerei in Wien verabredet. Während der Streit am Freitag und am Samstag in der Brigittenau noch relativ glimpflich ausgegangen ist, wurden am Sonntagabend vier Personen schwer verletzt.
Drei Männer erlitten Stichverletzungen und ein Mann eine Kopfverletzung durch stumpfe Gewalteinwirkung, sagte Polizeisprecher Philipp Haßlinger. Eine Großfahndung nach den Tätern läuft seit Sonntagabend. Bisher ohne Erfolg.
Am Montagvormittag vermeldete die Polizei nach den Straßenschlachten schließlich einen ersten Ermittlungserfolg: "Ein mutmaßlicher Beitragstäter des Vorfalls vom 05.07.2024 im Bereich Anton-Kummerer Park wurde durch Beamte der WEGA in Wien-Donaustadt am Samstag in seiner Wohnung festgenommen", hieß es von der Polizei.
Mehrere Verdächtige im Auto
Der 29-jährige Tschetschene soll freitagabends mit einem Auto mehrere Tatverdächtige zum Anton-Kummerer-Park gebracht haben. Ihm gelang in weiterer Folge die Flucht vom Tatort.
Durch akribische Ermittlungen der Kriminalpolizei wurde schließlich der Aufenthaltsort des 29-Jährigen in Wien-Donaustadt ausgemacht. Der Mann wurde festgenommen, seine Wohnung durchsucht, sein Pkw sichergestellt. Bei der Hausdurchsuchung wurden eine Schreckschusspistole sowie elektronische Datenträger sichergestellt. Der 29-Jährige verweigerte die Aussage und wurde in eine Justizanstalt gebracht.
Was am Sonntag geschah
Mehrere Polizeiautos sollen am Sonntagabend gegen 22 Uhr in der Nähe des Bahnhofs Meidling gesichtet worden sein, berichten einige Augenzeugen auf der Social-Media-Plattform X. Zahlreiche Notrufe gingen bei der Exekutive ein, da Augenzeugen mehrere maskierte und augenscheinlich bewaffnete Personen am Vorplatz des Bahnhofs beobachteten.
Auch ein Polizeihubschrauber kam Sonntagabend zum Einsatz, wie kurz danach von der LPD Wien ebenfalls auf X bestätigt wurde. Laut Polizei sei es nach einem größeren Raufhandel im Bereich des Bahnhofs zu "intensiven Fahndungsmaßnahmen gekommen". Der Hubschrauber habe dabei unterstützt.
Männer gingen mit Stöcken, Stangen und Messern aufeinander los
Es dürfte sich dabei um rivalisierende tschetschenische, syrische bzw. afghanische Gruppierungen handeln. Laut Sprecher Haßlinger waren die Männer mit Messern, Stöcken und Stangen zu einem Treffen bei der U6-Station Bahnhof Meidling (früher: Philadelphiabrücke) gekommen.
"Es handelt sich bei den Opfern um afghanische Staatsangehörige im Alter von 15, 18 und 22 Jahren", gab die Polizei einen Tag nach dem Vorfall bekannt. Drei der Opfer konnten bereits befragt werden und gaben gegenüber der Kriminalpolizei an, dass sie, während sie am Vorplatz des Stationsabganges standen, plötzlich von einer Gruppe maskierter Männer mit Hämmern, Glasflaschen, Messern und Schusswaffen attackiert worden sind.
"Dann flüchteten die Tatverdächtigen in unbekannte Richtung. Fahndungsmaßnahmen blieben bisher erfolglos", schreibt die Polizei in einer Aussendung. Worum es bei dem Streit ging, ist noch Gegenstand von Ermittlungen.
Weitere Vorfälle in Wien
Es war die dritte größere Auseinandersetzung auf Wiens Straßen innerhalb von drei Tagen: Am späten Freitagabend kam es vermutlich zum ersten Treffen der rivalisierenden Gruppen. Im Anton-Kummerer-Park fielen plötzlich Schüsse. Zwei junge Syrer wurden durch Schüsse, ein Tschetschene offenbar durch ein Messer leicht verletzt. Die an der Rauferei beteiligten jungen Männer kamen scheinbar mit Schusswaffen, Messern, Reizgassprays sowie Schlagwaffen in den Park.
Auch fünf abgestellte Autos wurden durch Schusswaffenprojektile beschädigt. Nach der Auseinandersetzung flüchteten wie auch jetzt die meisten Beteiligten beider Gruppen. Mehrere Waffen wurden sichergestellt. Ob und inwieweit die bei der Schlägerei, bei der zwei syrische Staatsangehörige Schussverletzungen davontrugen und ein Tschetschene durch ein Messer verletzt worden war, verwendet wurde, war am Montag noch Gegenstand von Ermittlungen.
Am späten Samstagabend bzw. in der Nacht auf Sonntag kam es dann zum nächsten Einsatz im Bereich Klosterneuburger Straße, Anton-Kummerer-Park und Hannovermarkt, nachdem Zeugen Bewaffnete gesehen hatten und die Polizei alarmierten.
Dabei wurden bei Personenkontrollen zwei Messer und ein Pfefferspray sichergestellt, es kam allerdings zu keinen Straftaten. Alle drei Vorfälle stehen laut Polizei in direktem Zusammenhang miteinander.
Rache als Motiv?
Trotz eher dürftiger Informationen dürfte die Polizei in ihren Ermittlungen einem Motiv näherkommen. Polizeisprecher Philipp Haßlinger wollte nach wie vor nicht bestätigen, dass es sich um Auseinandersetzungen zwischen Tschetschenen auf der einen und Syrern bzw. Afghanen auf der anderen Seite handeln könnte. Allerdings würden sich entsprechende Verdachtsmomente nicht gänzlich von der Hand weisen lassen.
Informationen der APA zufolge könnte es um Racheaktionen für einen Fall Anfang Juni in Favoriten gehen. Damals war ein 30-jähriger Tschetschene von einem Unbekannten im Zuge einer „Aussprache“ niedergestochen und lebensgefährlich verletzt worden.
Dass es sich um eine weitere „ausgemachte“ Auseinandersetzung gehandelt habe, stellten die Opfer, die sich derzeit in Krankenhäusern befinden, in Abrede. „Aber auch sie sind in den Einvernahmen bisher nicht sehr gesprächig gewesen“, sagte Haßlinger. Die vier Verletzten werden derzeit von der Polizei als Opfer geführt.
Treffen im Arthaberpark in Favoriten
Der Mann soll sich damals mit drei Begleitern mit dem Tatverdächtigen im Arthaberpark in Favoriten getroffen haben. Dort kam es zum Streit. Der 30-Jährige erlitt Schnitte und Stiche an Hals, Bauch und den Beinen, sagte Polizeisprecher Mattias Schuster Anfang Juni. Seine Begleiter rissen den Angreifer schließlich vom Opfer weg, dieser flüchtete.
Der 30-Jährige und der mutmaßliche Messerstecher hatten sich nicht zufällig gegen 1.00 Uhr in dem Park getroffen: „Es dürfte schon im Vorfeld einen Streit gegeben haben“, sagte Schuster damals, die Hintergründe blieben vorerst unklar.
Polizei verstärkt Präsenz an Hotspots
Die Kriminalpolizei führt laut eigenen Angaben umfassende Ermittlungen zu den Hintergründen und möglichen Zusammenhängen der Vorfälle. "Außerdem erfolgen Spurenauswertungen der Tatorte, der sichergestellten Waffen sowie weitere ermittlungstechnische Maßnahmen. Vernehmungen von Zeugen und Opfern, als auch die Sicherung von Videoüberwachungen stellen ein weiteres Hauptaugenmerk der Ermittlungen dar", so die Polizei.
Aufgrund der aktuellen Geschehnisse hat die Exekutive auch die uniformierte und zivile Präsenz von Beamten "bedarfsgerecht an mehreren Örtlichkeiten" verstärkt. Neben Streifenbeamten versehen auch Angehörige der Bereitschaftseinheit, der WEGA und der Polizeidiensthundeeinheit zusätzlichen Streifendienst, um die "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten."