Pizzeria Anarchia: Muss Eigentümer zahlen?
Von Josef Gebhard
Mehrere Hunderttausend Euro hat die Räumung des von Punks besetzten Hauses in der Mühlfeldgasse (2. Bezirk) am Montag wohl gekostet. Neben der Kritik am Großaufgebot der Polizei – im Einsatz waren bis zu 1700 Beamte – wird jetzt eine Forderung immer lauter: Der Hauseigentümer soll für den Einsatz zur Kasse gebeten werden. Schließlich habe er die Punks im Haus einquartiert, um die Altmieter zu vergraulen.
„Wenn die Eigentümer die Situation bewusst herbeigeführt haben, glaube ich schon, dass der Staat sich hier regressieren kann“, sagt der designierte SPÖ-Landesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Es sei zu klären, ob die Besitzer durch die Ansiedlung der Punks damit hätten rechnen müssen, dass es früher oder später zu einer Räumung kommen würde.
Man habe bereits das Justizministerium kontaktiert, das den Fall prüfen werde, heißt es dazu bei der Wiener Polizei. Das Kuriose daran: Im Ministerium weiß man davon noch nichts. Für die Prüfung allfälliger Regress-Möglichkeiten sei zudem die Finanzprokuratur zuständig. Und weiter: „Würde sich das Innenministerium entscheiden, eine Klage zu erheben, müssten die Gerichte nach den Umständen des Einzelfalls darüber entscheiden“, sagt eine Sprecherin.
Das wäre freilich völliges Neuland: Weder im Justiz- noch im Innenministerium kann man sich an Regressforderungen nach vergleichbaren Assistenzeinsätzen der Polizei erinnern.
Eigentümer haftet nicht Dabei dürfte es vorläufig auch bleiben, ist Verfassungsrechtler Heinz Mayer überzeugt. Für ihn entbehren mögliche Geldforderungen an den Hauseigentümer jeglicher Grundlage: „Es gibt keine Bestimmung, die das ermöglichen würde. Der Eigentümer haftet nicht dafür, was die Besetzer tun.“ Laut Mayer habe er mit der Einquartierung der Punks nicht rechtswidrig gehandelt – auch wenn die Motive dahinter problematisch seien.
Bleibt noch die Möglichkeit einer entsprechenden Gesetzesänderung. Doch daran denkt man im Justizministerium derzeit nicht.
Ein Polizeihubschrauber, der grüne Panzer, ein Wasserwerfer und Polizisten aus fast allen Bundesländern. Wie viele genau, darüber schweigt die Polizei. "Mehr als 1000", sagte Polizei-Sprecher Roman Hahslinger. In einem angeblichen Dokument des Innenministeriums, das Falter-Journalist Florian Klenk veröffentlichte, ist von von 1700 Beamten die Rede. Das scheint allerdings etwas zu hoch gegriffen gewesen sein.
400.000 Euro sollen die Kosten für Hubschrauber und Spezialfahrzeug beim Einsatz im Jänner betragen haben. Der Akademikerball-Einsatz kostete etwa eine Million Euro, eine Hausräumung in der Lindengasse mit Panzer hingegen 85.000 Euro. Dort waren rund 250 Beamte im Einsatz, also weit weniger.
Die Hausräumung am Montag wird dazwischen liegen, bei geschätzen 300.000 bis 400.000 Euro.Das genaue Ergebnis werden wohl aber die nach solchen Einsätzen üblichen parlamentarischen Anfragebeantwortungen in einigen Monaten ergeben.
Mit einem neuen Hauseigentümer fing die Geschichte in der Mühlfeldgasse 12 an: 2011 hatte der jetzige Besitzer das Zinshaus im zweiten Bezirk gekauft; vermutlich für Spekulationsgeschäfte. 17 der damals 20 Mieter zogen aus – sie warfen dem neuen Eigentümer Mobbing vor. Die drei übrig gebliebenen Mieter blieben hartnäckig. Deshalb dürften die Eigentümer Ende 2011 die Punks ins Haus geladen haben. Und das zu besten Konditionen: Sie zahlten eine symbolische Monatsmiete über einen Euro.
Doch die Punks solidarisierten sich mit den Bewohnern. Im Sommer 2012 lief der Vertrag der Anarchos mit der Immobilienfima aus, eine Räumungsklage wurde eingebracht und ging bei Gericht durch. Der erste Versuch einer Räumung wenig später scheiterte aber am Widerstand der Bewohner. Seither ist das Haus besetzt.
Hinter der Firma stecken zwei Unternehmer, die in Wien über eine Vielzahl von Firmen mehrere Immobilien besitzen.
In vielen davon kam es in den vergangenen Jahren zu massiven Beschwerden der Mieter. Etwa in einem Zinshaus in der Siebenbrunnengasse (5. Bezirk). Dort wurden die Bewohner vor zwei Jahren mit haltlosen Räumungsklagen drangsaliert. Mitten im Winter fehlten plötzlich die Gangfenster, Türen wurden mit Neonazi-Symbolen beschmiert, einzelne Wohnungen als Massenquartiere weitervermietet.
Ähnliche Zustände herrschten auch in einem Zinshaus in der Märzstraße (15. Bezirk). Insgesamt dokumentierte damals das Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) 16 Zinshäuser im Eigentum der beiden Geschäftsleute, in denen es zu massiven Problemen gekommen war.
Einen Anstieg derartiger Machenschaften kann man im Büro Ludwig nicht feststellen. "Wir versuchen jedenfalls, betroffenen Mietern jegliche Unterstützung zukommen zu lassen." Dazu gehöre etwa die Bereitstellung von Anwälten. Sollten fragwürdige Methoden von Eigentümern bekannt werden, würden die Behörden einschreiten, um so den Spekulanten auf die Finger zu klopfen, betont man im Büro Ludwig.