Chronik/Wien

Neues Obdachlosenzentrum in Wien: Schlafplätze auch im Sommer nötig

Anfang Mai ist Schluss. Dann schließen die Notschlafstellen für Obdachlose, die die Stadt Wien den Winter über zur Verfügung stellt. Das heißen nicht alle gut: Die Initiative „Sommerpaket“ – ein Zusammenschluss aus Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern – sowie die Wiener Grünen sprechen sich für eine ganzjährige Öffnung dieser Quartiere aus. Das wird vorerst aber wohl nicht geschehen. Stattdessen gibt es heuer erstmals eine Alternative.

Der stadteigene Fonds Soziales Wien (FSW) eröffnet heuer erstmals ein Nachtzentrum. Dabei handelt es sich um einen Ort, der ähnlich einem Tageszentrum, niederschwellige Aufenthaltsmöglichkeiten bietet. Fixe Schlafplätze gibt es zwar nicht, Ruheräume und Liegeflächen seien aber vorhanden, heißt es vom FSW. Rund 50 Personen gleichzeitig finden in dem neuen Nachtzentrum Platz. Das Klientel könne also auch während der Nacht kommen und gehen. 

Attacken auf Obdachlose als Anlass

Erstmals notwendig wurde das nächtliche Angebot während der warmen Monate im vergangenen Jahr. Damals mussten aufgrund der Messerattacken auf Obdachlose recht rasch Notschlafstellen geschaffen werden. Aus der Notsituation heraus ist nun etwas Dauerhaftes entstanden: „Wir haben gesehen, dass es bei der Zielgruppe Bedarf an nächtlichen Aufenthaltsorten gibt“, sagt eine Sprecherin des FSW.

Zusätzlich zum neuen Nachtquartier werden – wie  schon in den vergangenen Jahren – 210  Plätze für vulnerable Personen und 28 Familienplätze angeboten. Verwiesen wird außerdem auf die Chancenhäuser. Also Notunterbringungen, in denen der Aufenthalt auf drei Monate beschränkt ist. Acht Chancenhäuser gibt es bereits, ein weiteres soll diesen Sommer eröffnen.

Weniger Bedarf im Sommer

Trotz der – zum Teil neuen – Möglichkeiten stehen im Sommer rund 1.000 Plätze weniger als im Winter zur Verfügung. Und das wird auch so bleiben. „Das Winterpaket ist eine humanitäre Notmaßnahme, damit niemand in der Kälte schlafen muss. Im Sommer nimmt der Bedarf deutlich ab“, sagt die Sprecherin. Das liege zum einen daran, dass die Zielgruppe, die zum Großteil aus Nicht-Anspruchsberechtigten –  also Menschen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben – bestehe, die Stadt über die Sommermonate verlasse. Zum anderen würden viele Obdachlose Schlafplätze im Freien bevorzugen. Von den rund 3.000 Personen, die vergangenen Winter die Angebote des Winterpakets genutzt haben, bleibe dann nur noch ein Bruchteil übrig.

Dass das Angebot an Nächtigungsplätzen im Sommer deutlich geringer ist, ist dennoch zu spüren. Zumindest bei den Wiener Vinzi-Werken, deren Unterkünfte auch im Sommer geöffnet bleiben und jede Nacht Platz für 110 obdachlose Menschen bieten. Ab Mai, wenn die restlichen Winterschlafstellen schließen, ist hier besonders viel los. „Der Andrang, den wir nach Ende des Winterpakets verspüren, zeigt, dass es auch in den wärmeren Monaten mehr Plätze in Notschlafstellen braucht“, sagt Rafael Kirchtag, Koordinator der Wiener Vinzi-Werke.  

Kein weiteres Nachtzentrum geplant 

Grundsätzlich lehnt das auch der FSW nicht ab. Ob das Angebot weiter ausgebaut wird, wird sich zeigen. „Wir beginnen mit einer Kapazität für 50 Personen. Zuerst einmal müssen wir schauen, wie das Zentrum angenommen wird“, heißt es. Ein weiteres Nachtzentrum sei vorerst aber nicht geplant.