Neues Café im Nibelungenviertel: franzundjulius
Von Mirad Odobašić
Vorbei sind die Zeiten, in denen man einzig wegen eines Konzerts (oder Spitzentennis) den Sprung über den Gürtel wagte. Hinter der Stadthalle verbirgt sich das Nibelungenviertel. In dem Grätzel – benannt nach dem mittelalterlichen Heldenepos, steckt mehr, als der Unwissende annimmt.
Viel mehr.
Maßgeblichen Anteil an der kulturellen Aufwertung der Gegend, die trotz der unmittelbaren Gürtelnähe auffällig ruhig ist, hat Ulla Harms. Vor zehn Jahren eröffnete sie am Kriemhildplatz die Buchhandlung „Buchkontor“.
Das Kapitel wurde zu einer Erfolgsgeschichte: Anfang Mai wurde der Buchkontor zur Buchhandlung des Jahres 2019 gekürt. Für Ulla Harms ging ein Traum in Erfüllung. Der soll nun mit dem Café franzundjulius länger andauern.
Schwarz-weiß
Vor Kurzem eröffnete Harms gleich ums Eck des Buchkontor ein Café. Franzundjulius ist in einem Haus aus der Jahrhundertwende beheimatet, in einem einst als Lager genützten Raum, den die Buchhändlerin zufällig entdeckt hat.
Immer wieder fragte sie sanft beim Hausbesitzer – dem Urenkel von Julius Huber, der das Gebäude damals mit seinem Bruder Franz baute –, ob sie den haben dürfe. In dem Raum mit den alten Schiebe- und Kassettentüren und schwarz-weißen Fliesen sah sie viel Potenzial. Eines Tages stand der Hausherr vor der Haustür und winkte mit dem Schlüssel.
„So etwas wie franzundjulius hat gefehlt in unserem Grätzel. In der unmittelbaren Umgebung gibt es kein Lokal, wo man einen Mittagstisch bekommt“, sagt Harms, die auf moderne Wiener Kaffeehausküche setzen will.
Haute Cuisine werde es keine geben, aber täglich zumindest eine warme Speise, die vor Ort zubereitet wird (auch vegan). Außerdem gibt’s hausgemachten Kuchen und österreichische Weine in Bio-Qualität.
Die 50 Jahre alte Faema-Kaffeemaschine verleiht dem Raum zusätzliche (rosa) Farbe. „Die haben wir selbst hergerichtet und neu installiert.“ Gefüttert wird das Gerät mit der Sorte Rocchi, die die Besitzer auf ihren Italien-Reisen entdeckt haben.
Große Partys wolle man im franzundjulius nicht feiern, das geschriebene Wort sehr wohl. „Wir wollen die Buchhandlung hier einbringen, Wohnzimmer-Konzerte bzw. Lesungen in einer heimischen Atmosphäre veranstalten“, kündigt sie an. Damit steht einer Verlängerung eines Nibelungenviertel-Märchens nichts mehr im Wege.