Chronik/Wien

Nächste Krawallnacht in 14 Tagen

Derzeit geht es Schlag auf Schlag. Der Polizeieinsatz rund um den Akademikerball in Wien ist noch nicht einmal evaluiert, da kam es am Samstag erneut zu heftigen Ausschreitungen in der Bundeshauptstadt. Und die nächste Krawallnacht ist bereits vorprogrammiert: „Am 4. Juni sind sechs Demonstrationen von linker Seite und eine von rechter Seite angemeldet“, erklärt Polizeisprecher Roman Hahslinger.

Hinter vorgehaltener Hand wird bereits von einem „Großkampftag“ für die Exekutive gesprochen, entsprechende Kontingente aus den Bundesländern werden derzeit abkommandiert. Die Nervosität steigt. Denn für diesen Tag haben Burschenschafter ihr „Fest der Freiheit“ angekündigt. Aus dem Event in der Innenstadt dürfte mittlerweile nur mehr eine Podiumsdiskussion geworden sein, allerdings wird bereits seit Monaten dagegen mobilgemacht: Die Chaotenszene, die diese Demos gerne für ihre Krawalle nützt, wird wieder auf Verstärkung aus Deutschland setzen, sind Experten überzeugt.

"Schwangere"

Das Problem ist, dass damit auch deutsche Zustände importiert werden, wo es beinahe jeden Monat schwere Zusammenstöße mit der Polizei gibt. Falsche Berichte in Standard und Österreich über eine angeblich schwangere Demonstrantin, die ihr Kind bei dem Polizeieinsatz verloren hat, schüren überdies die Emotionen. Auslöser für die „Zeitungsente“ war ein (nicht überprüftes) Forumsposting. Auf verschiedenen linken Aktivistenseiten kursiert diese Falschmeldung weiterhin. Solche Gewaltvorwürfe gegen die Polizei dienen bereits der Mobilmachung für die nächste Demo.

„Wenn nach solchen Einsätzen reflexartig von bestimmten Gruppierungen, ja sogar politischen Parteien, der Vorwurf kommt – schuld sei die Polizei, dann ist das mehr als befremdlich“, schreibt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in einem internen Brief (der dem KURIER vorliegt) an die 23.000 Exekutivbeamten. „Ich finde es, offen gesagt, unerträglich und unfair unseren Polizisten gegenüber, die mitunter ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.“

Die Diskussion über die Kennzeichnung der Beamten mit Dienstnummern bei Kundgebungen wird nun ebenso heftiger wie die Forderung nach Videoausstattung (siehe Bericht unten). Die Wiener Exekutive hat momentan nur zwei Videokameras bei den Kundgebungen im Einsatz, eine an einem Fahrzeug und eine mobile. Auf diesen ist eindeutig zu sehen, dass die Gewalt vonseiten einiger Demonstranten ausging, heißt es aus Polizeikreisen. Das Videomaterial wird der Staatsanwaltschaft übergeben.

Prozess am 6. Juni

Das dürfte auch im Fall Josef S. aus Jena interessant werden. Der Prozess gegen den Deutschen wird am 6. Juni, zwei Tage nach der vermutlich nächsten Krawallnacht, beginnen. Dem Mitglied der Sozialistischen Jugend wird vorgeworfen, bei der Demo gegen den Akademikerball die Polizeiwache am Hof verwüstet zu haben. In einem Online-Medium wird seine Verhaftung als „Rache der Wiener Polizei“ dargestellt.

Bilder von der Demo:

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Diese Demo hätte gar nicht statt finden sollen", sagt Bürgermeister Michael Häupl zu den Krawallen rund um die Kundgebung der Identitären am Samstag in Wien. Wie berichtet war es dabei zu Zusammenstößen zwischen Polizei und linken Gegendemonstranten gekommen. 38 Personen wurden verhaftet. "Man darf die Schuld aber nicht einseitig auf der Seite der Polizei suchen", betont Häupl. "Man muss sich nur anschauen, mit welchen Werkzeugen die Gegendemonstraten hantiert haben." Von einer Kennzeichnungspflicht für Beamte im Demo-Einsatz hält er nichts: "Damit würde man das Pferd von hinten aufzäumen."

Geht es nach Häupl, müsste man allerdings die Identitären verbieten: "Das ist eine radikale, neofaschistische Gruppe."

Es sind kleine unscheinbare Geräte, die wie ein kleines Smartphone ausschauen und an der Brust der Polizisten montiert werden. „Body-Worn-Video“ heißt der neueste Trend, der aus den USA kommt. Vor allem die Polizei im englischsprachigen Raum setzt darauf – und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will so einen Einsatz auch für Österreich prüfen lassen.

Erste Erfahrungen der Exekutive damit sind leicht positiv, kritisiert wird aber die schlechte Qualität in Einsatzsituationen – wo es oft auf Sekundenbruchteile ankommt. Dazu ist es mitunter schwierig, da nicht direkt beteiligte Personen (wie Zeugen) immer erst aufgeklärt werden müssen, dass sie gefilmt werden. Außerdem muss die Kamera händisch vor dem Einsatz in Betrieb genommen werden. Eine solche Kamera kostet umgerechnet etwa 700 Euro.

„Ich kann mir diesen Einsatz nur nach rechtlicher und einsatztaktischer Prüfung vorstellen. Für voreilige Entscheidungen bin ich nicht zu haben“, erklärte Innenministerin Mikl-Leitner.

Widerstand hat bereits die Polizei-Gewerkschaft angekündigt. Auch sonst soll es dem Vernehmen nach Widerstände innerhalb der Belegschaft geben. Ausgeschlossen wird von allen Beteiligten, dass die Polizisten ihre Dienstnummer künftig offen tragen.