Chronik/Wien

Nach Unfall bei Einsatzfahrt in Wien: Polizist musste Strafe zahlen

Die Wiener Landespolizeidirektion (LPD) hält sich mit Details zu dem Vorfall bedeckt. Fest steht, dass der Polizist im Zuge der Einsatzfahrt bei einer roten Ampel am Gürtel nicht angehalten und so einen Unfall verursacht haben soll.

Das Verfahren ist nun abgeschlossen, der Polizist muss zahlen. "In dem Fall kam es zu einer Verhängung einer Disziplinarstrafe für die Beamtin/ den Beamten. Es handelt sich um eine Strafe im dreistelligen Eurobereich", sagte Polizeisprecherin Julia Schick auf KURIER-Anfrage. 

Der Geldbetrag liegt demnach unter den 1.000 Euro, die die LPD Wien kurzzeitig pauschal als Disziplinarstrafe bei Unfällen auf Einsatzfahrten gefordert hatte. Diese Forderung an hohen Strafen sorgte innerhalb der Polizei für Diskussionen. Auch der Zentralausschuss im Innenministerium beschäftigte sich mit der Causa. 

Kritik an hoher Strafe 

Kritisiert wurde etwa die hohe Strafe beim ersten Vergehen, außerdem eine Ungleichbehandlung, weil die Geldbuße nur in Wien verhängt werden soll. 

"Wir haben uns nun grundsätzlich mit der LPD Wien geeinigt, dass jeder Fall individuell geprüft wird", sagte Gerhard Zauner, Vorsitzender der Fraktion Christlicher Gewerkschafter in Wien. Es könne nicht von Haus aus bei jedem Unfall eine obligatorische Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt werden. 

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In dem aktuellen Fall legte der betroffene Beamte auch keine Rechtsmittel ein, die Strafe wurde bereits bezahlt. Vorangegangen war dem Fall ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) aus dem vergangenen Jahr, wonach überhaupt nicht in eine Kreuzung eingefahren werden darf, wenn von der Haltelinie aus nicht die gesamte Verkehrslage überblickt werden kann. Der KURIER berichtete zuerst darüber. 

700 Verkehrsunfälle

Im Jahr 2024 kam es in Wien bisher zu rund 700 Verkehrsunfällen mit Dienstfahrzeugen, mit Sach- und Personenschaden. Sechs schwere Unfälle mit Personenschaden hat es bei Rotlichtfahrten allein im ersten Halbjahr gegeben.

Grundsätzlich dürfen die Lenker von Einsatzfahrzeugen auch bei rotem Licht in eine Kreuzung einfahren, wenn sie vorher angehalten und sich überzeugt haben, dass sie hierbei nicht Menschen gefährden oder Sachen beschädigen, heißt es von der Polizei.
"Kommt es zu einem Verkehrsunfall mit einem Streifenkraftwagen, wird dieser genauso wie jeder andere Verkehrsunfall aufgenommen und zur Anzeige gebracht. Zusätzlich zu einer strafrechtlichen Anzeige werden etwaige dienstrechtliche Maßnahmen geprüft", erklärt Polizeisprecherin Julia Schick.
 
Eine tatsächliche Verschuldensfrage werde in den jeweiligen Gerichts- bzw zivilrechtlichen Schadensabwicklungsverfahren festgestellt. 

Forderung nach Schulungen

Walter Strallhofer von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), fordert in dem Zusammenhang auch einen verstärkten Fokus auf Fortbildungen. "Wichtig wären weitere Schulungen, um eine zusätzliche ausreichende Sensibilisierung zu diesem Thema zu ermöglichen. Die Berücksichtigung des Einsatzgrundes bzw. ob wirklich grob fahrlässiges Verhalten bestand, wäre bei dem Strafausmaß unbedingt zu berücksichtigen", so Strallhofer. Zudem wäre es wichtig, dass sich der Dienstgeber in Zukunft auch an die Vereinbarung hält, geringe Strafen zu verhängen. Strallhofer könne sich auch eine Verwarnung statt einer Geldstrafe beim ersten Vergehen vorstellen.
 
Seitens der LPD betont man hinsichtlich der Unfallzahlen, dass pro Tag zwischen 60 und 70 Streifenkraftwägen von 14 verschiedenen Stadtpolizeikommandos unterwegs seien, zivile Fahrzeuge und die von Sondereinheiten noch gar nicht mitgezählt. Grundsätzlich gilt ein Einsatzfahrzeug erst als solches, wenn Blaulicht oder Folgetonhorn verwendet werden.

Einsatzfahrten werden problematisch, warnt der ÖAMTC 

Der ÖAMTC äußerte in dem Zusammenhang auch Kritik an der Rechtslage. "In der Praxis ist die restriktive Rechtslage durchaus problematisch: insbesondere in Verbindung mit der jüngeren Rechtsprechung würde nahezu jede Einsatzfahrt ad absurdum geführt werden, da im städtischen Bereich auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse meistens ein vorsichtiges Hineintasten in die Kreuzung notwendig ist",  kritisierte Matthias Nagler, ÖAMTC-Verkehrsjurist .
 
"Erfahrungsgemäß führt auch das Anhalten bei übersichtlicheren Kreuzungen eher zu Verwirrung bei anderen Verkehrsteilnehmern, da die Rechtslage vermutlich kaum jemandem außerhalb der Einsatzorganisationen bekannt ist."