Chronik/Wien

Massive Engpässe: Hilferuf der Kinderpsychiater

Der Mangel an Kinder- und Jugendpsychiatern bleibt die Schwachstelle im Wiener Gesundheitssystem. Wie berichtet fehlen allein im neuen Krankenhaus Nord (KHN) drei bis vier solcher Fachärzte. Und das, obwohl von anderen Krankenhäusern Ärzte abgezogen wurden, um den Betrieb im Floridsdorfer Spital zu sichern. Mit dem Effekt, dass diese nun ihrerseits an Engpässen leiden.

Das geht aus einem schriftlichen Hilferuf von Kinder- und Jugendpsychiatern aus dem Krankenhaus Hietzing / Zentrum Rosenhügel hervor, der diese Tage an die Führung des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) erging.

„Wir möchten hiermit nochmals unterstreichen, dass eine State of the Art Versorgung [...] durch den Abzug von 7 KollegInnen an den Standort des KHN und gleichzeitiger Neueröffnung der Station C3 mit 4 Risikobetten derzeit nur grenzwertig [...] möglich ist“, heißt es in dem Schreiben, das dem KURIER vorliegt. Unterzeichnet wurde es von 13 Medizinern.

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Kurioses Detail: Laut ihren Ausführungen sei der Betrieb überhaupt nur mehr deshalb möglich, weil Kollegen aus dem Krankenhaus Nord erst recht wieder in Hietzing aushelfen und sich für die dortigen Diensträder einteilen lassen.

Mehr Übergriffe

Trotzdem sei die Lage dramatisch, schildern die Ärzte: „Durch die Verdichtung der Versorgung am Standort Rosenhügel mit 8 Risikobetten und der 24h-Akutversorgung vermerken wir aktuell bereits eine Zunahme von schweren Verletzungen unserer MitarbeiterInnen sowie vermehrten Bedarf an Assistenzeinsätzen der Polizei.“

Die Mediziner fordern daher mindestens zwei zusätzliche Fachärzte für ihr Team sowie ausreichend Fachpersonal wie etwa Sozialarbeiter und Pädagogen.

„Die Forderung nach mehr Kinder- und Jugendpsychiatern ist gerechtfertigt und von unserer Seite auch nachzukommen“, betont eine Sprecherin des KAV. Sie betont aber gleichzeitig, dass es sich um ein Mangelfach handle. Man versuche, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. So suche man mittlerweile sogar in Deutschland nach Personal. Weiters habe man die Ausbildungskapazitäten ausgeweitet – wobei letzteres wohl erst in ein paar Jahren zu mehr Fachärzten am heimischen Markt führen wird. Konkret geht es darum, dass künftig ein einzelner Mediziner mehr Jungärzte als bisher ausbilden darf. Die Ärztekammer sieht das kritisch und fürchtet um die Qualität der Ausbildung.

Von einem „jahrelangen Missmanagement“ spricht Stefan Ferenci von der Ärztekammer. Obwohl seit ewigen Zeiten klar war, dass das KH Nord eine Kinder- und Jugendpsychiatrie haben werde, habe der KAV nicht für das nötige Personal gesorgt, kritisiert der Mediziner: „Weil er als Arbeitgeber zu unattraktiv ist, konnte er die Leute nicht halten. In einem Mangelfach fällt das besonders schwer ins Gewicht.“

Nötige Schritte

Laut Ferenci müsste man den Medizinern mehr Gehalt zahlen und auch für bessere Arbeitsbedingungen sorgen. So gebe es im Krankenhaus Hietzing keine Kindermedizinische Abteilung. Sie sei aber bei vielen psychischen Erkrankungen (z. B. Essstörungen) als Ergänzung dringend erforderlich.