Macheten-Mord-Prozess: Lebenslang für Hauptangeklagten
"Für das, was ich Ihnen erzählen werde, werden Sie einen starken Magen brauchen", warnte Staatsanwältin Iris Helm die Geschworenen Anfang März in ihrem Eröffnungsvortrag. Das Opfer sei "regelrecht zerhackt" worden. Am Wiener Landesgericht fand am Dienstag im Prozess um den Macheten-Mord in Wien-Brigittenau der letzte Verhandlungstag statt. Der Hauptangeklagte fasste Lebenslang aus. Es gab insgesamt vier Schuldsprüche.
Vier Algeriern im Alter von 21, 22, 25 und 29 Jahren wird vorgeworfen, in der Nacht auf den 20. April 2023 den Drogenhändler Djafaar H. (31) bei der U-Bahnstation Jägerstraße mit einer 70 Zentimeter langen Machete und mehreren Messern vorsätzlich getötet zu haben.
Im Zuge des mehrtägigen Prozesses waren alle vier Beschuldigten zu Wort gekommen. Grundsätzlich geständig zeigte sich aber nur der 22-jährige Mann. Er gab an, unter Tabletteneinfluss gehandelt zu haben. Außerdem sei Djafaar H. bewaffnet gewesen und habe ihn in der Vergangenheit beleidigt, bedroht sowie beschimpft. Die anderen Angeklagten bekannten sich allesamt "nicht schuldig".
Belastende Gutachten der Sachverständigen
Der Anklage zufolge wurde Djafaar H. nach vorangegangenen Streitereien gezielt in eine tödliche Falle gelockt und mit äußerster Gewalt zu Tode gebracht. "Alle vier Angeklagten haben diesen schrecklichen, brutalen und furchtbar blutigen Mord geplant und gemeinsam begangen", sagte die Staatsanwältin. Nach der Machetenattacke durch den 22-Jährigen habe der 25-jährige Beschuldigte dem Opfer noch ein Messer in die Brust gerammt.
Die Messerattacke bestritt das Quartett am Montag erneut. Ein Gutachten des Sachverständigen für Gerichtliche Medizin, Wolfgang Denk, stellte neben klaffenden Hiebwunden am Kopf samt eines Schädelbruchs, durchtrennten Sehnen und Knochen an den Händen und geöffneten Schlagadern im Beinbereich allerdings auch Stichwunden im Brustbereich fest. Letztere dürften von einem Messer und nicht der Machete stammen.
Die am Montag verlesene Aussage eines Zeugen und Bekannten des Opfers deckte sich weitestgehend mit dem Gutachten: "Der Größte war mit einem Schwert im Gebüsch versteckt." Er habe Djafaar H. dann noch schreien gehört, "mein Kopf ist offen". Er habe dem Verletzen nicht mehr helfen können. In der Vergangenheit sei es bereits zu mehreren Konflikten zwischen Djafaar H. und den Angeklagten gekommen.
Psychiater Peter Hoffmann hielt fest, dass der Zweitangeklagte, der mit der Machete zugeschlagen haben soll, zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. "Es liegt keine psychiatrische oder Suchtkrankheit vor. Das Unrechtsbewusstsein war gegeben." Bei den vom mutmaßlichen Täter konsumierten Medikamenten dürfte es sich um eine Schutzbehauptung handeln.
Gescheiterte Flucht
Nach der Tat waren die Männer in unterschiedliche Richtungen geflüchtet. Die von Zeugen alarmierte Polizei leitete eine Sofortfahndung ein, der 25-Jährige sprang angesichts der Polizeibeamten in den Donaukanal, konnte aus dem Wasser gefischt und festgenommen werden. Dass er etwas mit der Tat zu habe, stellte er in Abrede. Er sei in den Donaukanal gesprungen, weil er Angst vor fremdenrechtliche Folgen hatte. In der Jägerstraße sei er zufällig gewesen.
Die drei übrigen Verdächtigen flüchteten nach Frankreich, wurden aber schon bald mittels europäischem Haftbefehl festgenommen und später nach Wien ausgeliefert.
Drogengeschäfte
Drei der Angeklagten arbeiteten als sogenannte Straßenläufer für Djafaar H., verkauften also für ihn Drogen. Der Zweitangeklagte wohnte sogar eine Zeitlang bei ihm. Der 29-Jährige hingegen lebte bis zur Tat in Frankreich, war am Tag der Attacke aber nach Wien gekommen, weil er sich hier laut eigener Aussage Hoffnungen auf einen besseren Job machte.
Djafaar H. war laut Anklageschrift in eine länderübergreifende Suchtgiftorganisation eingebunden. Bei der Abrechnung mit den mutmaßlichen Tätern soll es zu Unstimmigkeiten gekommen sein, die Beschuldigten - vor allem der 22-Jährige - fühlten sich übers Ohr gehauen und kamen laut Anklageschrift „überein, ihre Probleme mit Djafaar H. endgültig gewaltsam zu lösen“.
Urteile
Alle vier Männer wurden im Sinne der Anklage schuldig erkannt und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Für den 22 Jahre alten Hauptangeklagten setzte es eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der 21-Jährige bekam 15 Jahre, die 25 und 29 Jahre alten Männer jeweils 17 Jahre Haft.
Die Geschworenen gelangten mehrheitlich - im Fall des 22-Jährigen einstimmig - zur Ansicht, dass alle vier unmittelbar an der vorsätzlichen Tötung des 31-jährigen Djafaar H. beteiligt waren.