Hochwasser bei U2-Pilgramgasse: Bauverzögerungen und Schäden in Millionenhöhe
Zehn Meter hoch stand das Wasser. Ganze 19.000 Kubikmeter – das Volumen von rund 50 großen Einfamilienhäusern – sind bei dem Unwetter Mitte September in die Baustelle der künftigen U2-Station Pilgramgasse eingetreten. Der Wienfluss ist damals über den Hochwasserschutz getreten und in den Schacht der U-Bahn-Baustelle gelaufen. Tagelang wurden Wasser und Schlamm aus dem Schacht gepumpt. Erst danach offenbarten sich die entstandenen Schäden.
Und die sind enorm. „Die untersten zwei Geschoße der Baustelle waren komplett geflutet“, sagt Gudrun Senk, Geschäftsführerin der Wiener Linien für den technischen Bereich. „Alles, was dort gestanden ist, ist zerstört.“ Dazu zählen zahlreiche Spezial-Baufahrzeuge und Maschinen.
Insgesamt sieben dieser Maschinen – darunter zum Beispiel ein Bohrwagen oder ein Tunnelbagger – mussten zerlegt und mit einem Kran aus der Baugrube gehoben werden. Einfach sei das nicht, sagt Senk, seien einige davon doch bis zu 50 Tonnen schwer.
Wienfluss macht Probleme
Beschädigt worden sind durch das Hochwasser aber nicht nur die Geräte, sondern auch zahlreiche Elektroleitungen auf der Baustelle sowie die Sohle des Wienflusses. Letzteres ist insofern ausschlaggebend, als der Tunnel für die U-Bahn unter dem Wienfluss gegraben werden sollte. Das ist derzeit aber nicht mehr möglich: „Wie bei einem Canyon hat das viele Wasser die Betonplatten im Bachbett des Wienflusses weggespült und ausgegraben“, sagt Senk. Die Schicht zwischen dem Wienfluss und dem zukünftigen Tunnel sei jetzt zu dünn, um unter dem Fluss durchgraben zu können. „Wir müssen also zuerst die Sohle wiederherstellen, bevor wir graben können.“
Und das braucht seine Zeit. Gemeinsam mit den Baufirmen und der MA 45 (Wiener Gewässer) arbeite man derzeit an einer Lösung für eine rasche Instandsetzung des Wienflusses im Bereich der Baustelle.
Maschinen sind auf die Baustelle abgestimmt
Gleichzeitig versuche man, neue Maschinen zu beschaffen. „Das sind aber eben keine Baumaschinen, die irgendwo herumstehen. Wenn man diese Maschinen nachbestellen muss, dann müssen sie extra angefertigt werden“, sagt Senk. Die Geräte seien eigens auf diese Baustelle abgestimmt. Man werde aber eruieren, welche Geräte kurzfristig verfügbar sind.
Dass es dadurch zu Verzögerungen kommen wird, steht außer Frage. Hier auf der U2-Baustelle Pilgramgasse wird derzeit bereits mit mehreren Monaten Zeitverzug gerechnet. „Wie sich das auf die Gesamtinbetriebnahme der verlängerten U2 auswirkt, wissen wir aber noch nicht“, sagt Senk. „Wir hoffen, dass wir es innerhalb des genannten Zeitraums schaffen.“ Also bis 2030.
Gearbeitet werde schließlich weiterhin – wenn auch nicht unbedingt bei der Station Pilgramgasse. „Wir haben die Teams, die hier derzeit nicht arbeiten können, auf andere Bauabschnitte verlegt. Wir hoffen dadurch, dort schneller voranzukommen und nach Behebung der Schäden bei der Pilgramgasse aufholen zu können“, sagt Senk.
Die Frage nach dem Geld
Unsicherheiten gibt es auch noch beim Thema Geld. Wie hoch die Schäden genau sind, sei noch unklar. Sie würden sich aber in Millionenhöhe bewegen, berichten die Wiener Linien. Ob Geld aus einem Katastrophenfonds oder der Versicherung zur Verfügung steht, wisse man noch nicht. „Bleibt abzuwarten, ob eine Versicherung ein 1.000-jährliches Hochwasser versichert“, sagt Senk.
Nur schlechte Nachrichten gibt es in all dem aber nicht: Zum einen hat die Schachtkonstruktion der U-Bahn gut gehalten. Zum anderen waren alle Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter in Sicherheit. „Sobald klar war, dass das Wasser über den Hochwasserschutz drüber gehen würde, haben wir die Mannschaften von dieser Baustelle abgezogen“, sagt Senk.
Die Lehren für die Zukunft
Der für ein 100-jährliches Hochwasser ausgerichtete Hochwasserschutz sei für dieses 1.000-jährliche Hochwasser aber einfach „zu wenig“ gewesen – auch wenn es üblich sei, so zu bauen. „Unsere Lehren sind, dass wir uns anschauen, was gut geklappt hat, was man noch besser machen kann und wie man das Thema Hochwasserschutz in Zukunft noch einmal verstärken muss“, erklärt Senk.