Glasfabrik am Westbahnhof: Ohne Café, dafür mit Espresso
Von Julia Schrenk
Eine pastellgelbe Eckküche aus den 1950er-Jahren, die zur Bar umgebaut wurde. Dazu Kaffeehaustische und Biedermeiermöbel – direkt vor dem großen Fabriksfenster aus der alten Glasfabrik, durch das man den besten Blick auf die neue hat.
Dort werden Vintage-Fans künftig ihren Espresso von einem der Fabrikanten serviert bekommen – gegen eine freie Spende. Denn ein echtes Café wird es in der neuen Glasfabrik am Westbahnhof, die kommenden Samstag eröffnet, nun doch nicht geben. „Der Plan mit dem Café hat sich leider zerschlagen“, sagt Simon Weber-Unger, der gemeinsam mit den Brüdern Christoph und Marcus Matschnig die Glasfabrik im 15. Bezirk neu eröffnet.
Das ehemalige Glasbiegewerk Ullwer&Bednar in Ottakring, in dem die Glasfabrik ab 1996 untergebracht war, soll – wie berichtet – abgerissen werden. Ein Wohnbauprojekt ist geplant. Bis Ende des Monats wird die alte Fabrik ausverkauft.
In der Zwischenzeit hat sich die neue Unterkunft mit allerhand Schönheiten gefüllt: Imposante Luster hängen vom Plafond, goldene verschnörkelte Bilderrahmen an den Wänden. Dazu gesellen sich Stehlampen, Perserteppiche oder Vasen.
Zusammenspiel
Im Gegensatz zur alten wird in der neuen Glasfabrik aber nicht einfach alles nebeneinander gestellt – Küchenschränke in dem einen Eck, Kleiderständer im anderen. Das Zauberwort am Bahnhof heißt Arrangement: Das Erdgeschoß ist dem sogenannten Industrial-Design (Industrieerzeugnisse, die als Designobjekte verwendet werden, Anm.) gewidmet – Industrielampen leuchten dort neben alten Werkstatttischen. Der erste Stock ist Sitzgelegenheiten, Uhren und Ölgemälde vorbehalten.
Der zweite schließt den Kreis zum Westbahnhof. Thema dort ist „Reise“: Alte Koffer stehen neben Schiffsmöbeln aus Korb, auf denen wiederum Globen platziert wurden. Auch die Abteilung für Vinyl wird es wieder geben. „Man kriegt ein bisschen Fernweh, wenn man dort steht“, sagt Weber-Unger. Die Durchsagen vom Bahnhof, in deren Genuss die Mitarbeiter der Glasfabrik nun öfters kommen, tun ihr Übriges dazu. „Wir haben uns eingestellt auf das Ganze“, sagt Weber-Unger.
Mit dem „Ganzen“ meint er die Gegend rund um den Bahnhof und diesen selbst. „Wir haben großen Spaß daran, alles so schön einzurichten“, sagt Weber-Unger. Davon dürfte auch so mancher andere Altwarenhändler in Wien Wind bekommen haben. Nicht nur ein Mal habe einer Einlass vor der offiziellen Eröffnung begehrt – ohne Erfolg.
Vintage Vienna
Dabei ist die Glasfabrik zwar mit Sicherheit einer der bestsortierten Vintageshops in der Stadt, aber längst nicht der einzige. Kenner wissen, dass sich auch in der Carla, dem Lager der Wiener Caritas in Floridsdorf, wahre Schätze verbergen – um wenig Geld, dafür für den guten Zweck.
Wer davon ausreichend hat, wird vermutlich in der Vintagerie in der Nelkengasse fündig. Die Objekte sind einzigartig und gut erhalten, haben aber ihren (stattlichen) Preis. Schrullig ist es im Ramsch & Rosen auf der Neubaugasse. Dort findet man unfassbar viel Ramsch, den niemand braucht, der aber, weil er so hübsch ist, Vintage-Fans glücklich macht.
Schäbig Schönes im Geschäft
Die Glasfabrik: Antiquitäten aus dem Barock bis in die 80er-Jahre. Wo? 15., Felberstraße 3, Wann? Di. 10–19 Uhr, Mi. bis Fr. 14–19 Uhr, Sa. 10–17 Uhr.
Carla Wien: Am Mittersteig (5., Mittersteig 10, 1050 Wien) und in Floridsdorf (21., Steinheilgasse 3) bietet die Caritas Vintage-Möbel, Second-Hand-Kleidung, Geschirr oder Spielzeug. Wann?
Mo. bis Fr. 9–18, Sa. 9–13 Uhr.
Ramsch & Rosen: Kultiges Altwarengeschäft. Wo: 7., Neubaugasse 15. Wann? Mo. bis Fr. 10–18.30, Sa. 10–18 Uhr.
Vintagerie: Fundgrube für alte Schätze. Wo? 6., Nelkengasse 4. Wann? Mo. bis Fr. 12–19 Uhr, Sa. 11 bis 18 Uhr.