Chronik/Wien

Ein Sonnenbad in Schlittschuhen beim Wiener Eislaufverein

Popmusik schallt aus den Lautsprechern, die Kunsteisfläche glitzert – und auf einer Bank an der Bande weint auch schon das erste verletzte Kind. Der fünfjährige Jonathan hat am Samstagvormittag bereits so viele Runden auf dem Platz des Wiener Eislaufvereins (WEV) am Heumarkt gedreht, dass sein linkes Schienbein bereits wund gerieben ist.

Während sein Vater versucht, ihn zu trösten, ruht sich Oma Susanne Brandl mit ihren beiden anderen Enkeln in der Sonne aus. „Eislaufen ist der einzige Sport, bei dem ich halbwegs mithalten kann“, sagt sie und lacht. „Es ist wirklich schön hier. Wir hatten schon Angst, dass der Start ins Waser fällt.“

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Diese Sorge begleitete auch Eismeister Günther Hacker seit Wochenbeginn. Das warme Herbstwetter sei heuer eine Herausforderung gewesen, erzählt er. „Die Temperatur war extrem, wir haben eine Zeit lang gebraucht, bis wir die Platte heruntergekühlt hatten. Das war schwierig.“

Seine Bemühungen reichten zwar nicht für eine Vorab-Eröffnung, die für Freitag angesetzt gewesen wäre. „Aber wir haben es hinbekommen“, sagt Hacker. So konnte der Eislaufverein den Saisonstart zumindest gestern, Samstag, mit einem Tag der offenen Tür begehen – Livemusik und Gratis-Eintritt inklusive.

 

 

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Gäste-Kreislauf

Zwei Saisonen lang wird Hacker noch am Heumarkt für beste Gleit-Verhältnisse sorgen. Frühestens 2021/22 wird der Traditionsverein wegen der bevorstehenden Umgestaltung des Areals – Stichwort Heumarkt-Hochhaus – vorübergehend umziehen.

Vor allem Mitglieder und Stammgäste würden alljährlich zur Eröffnung kommen, erzählt Hacker. „Die bringen ihre Kinder mit – das ist eigentlich ein Kreislauf.“ Aber auch neue Gäste hat der Tag der offenen Tür angezogen.

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„Unser Sohn Jonas ist riesengroßer Eislauf-Fan. Wie das heute so üblich ist, hat sich der junge Mann im Internet erkundigt, wo er hier Schlittschuh laufen kann und hat seine Schuhe aus Deutschland mitgebracht“, erzählt Tourist Frank Raabe.

Er und seine Frau Tekla lehnen an der Bande, während Jonas am Eis Tricks übt. „Ich finde es ganz bezaubernd, dass das so eine schöne offene Fläche ist – eingerahmt von diesen nostalgischen Bauten“, schwärmt sie.

In einer mit Bändern abgetrennten Ecke beginnen sich indes Eiskunstläuferinnen aufzuwärmen. Seit über 150 Jahren praktiziert der WEV Rundtanz – eine spezielle Form des Eislaufens zu Musik im Kreis.

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Hockey-Nachwuchs

Einer völlig anderen Form der Bewegung am Eis eifert die vierjährige Lara nach. Nicht einmal halb so groß wie die anderen Freizeitsportler bahnt sie sich selbstbewusst ihren Weg über die Fläche. Ihre Füße stecken in schwarzen Hockeyschuhen, ihren Kopf schützt ein Helm mit einem Gitter-Visier.

„Letztes Jahr hat sie Eishockeyspieler gesehen und gesagt, sie wurde das gerne versuchen“, erzählt ihre Mutter Andrea Nagy, die ihre Tochter von einer Bank am Rand aus im Auge behält. Daraufhin haben sie die Doppelkufen gegen Hockeyschuhe getauscht – diese Saison werde sie einen Kurs besuchen.

Für den ersten Eislauf-Tag des Jahres ist es für die Kleine aber bald genug. „Sie wird langsam müde“, sagt Nagy. Geht es nach Lara, ist das weitere Programm klar: „Sie verlangt nach dem Eislaufen Pommes mit Schnitzel.“

Eislauf-Institution

Entstehung

Der Wiener Eislaufverein (WEV) wurde 1867 gegründet. Damals lag seine Heimstätte in der Gegend des heutigen Bahnhofs Wien-Mitte, 1901 ging der Platz auf dem Heumarkt in Betrieb.

WEV in Zahlen

Heute betreibt der WEV eine 6000  große  Kunsteisfläche und zählt über 300 Mitglieder. In der Saison 2017/18 nutzten 222.000 Besucher den Platz. Die aktuelle Saison dauert bis 3. März 2019. Öffnungszeiten: Mo., Sa. und So.: 9–20 Uhr, Di.–Fr.: 9–21 Uhr. Eintritt: Erwachsene ab 7,30 Euro, Kinder ab 3,10 Euro