Chronik/Wien

Causa Craftbeer: Oberlandesgericht sah Lücken bei Ermittlungen

Es waren eindeutige Zeilen, die im Mai des Vorjahres an die Öffentlichkeit gelangten. Die ehemalige Grüne Nationalratsabgeordnete Sigi Maurer hatte sie via Facebook und Twitter erhalten und verbreitet: „Hallo Du bist heute bei mir beim Geschäft vorbei gegangen und hast auf meinen Schwanz geguckt als wolltest du Ihn essen.“

Der Rest der Nachricht an die „kleine dreckige Bitch“ war noch derber. Verurteilt wurde allerdings Empfängerin Maurer wegen übler Nachrede – denn sie konnte nicht nachweisen, dass Bierwirt L., von dessen Facebook-Account die Nachricht verschickt wurde, tatsächlich der Verfasser der Nachricht war. Mittlerweile hat das Oberlandesgericht das Urteil wieder aufgehoben. Der Prozess muss  im Landesgericht für Strafsachen in Wien wiederholt werden – Termin steht noch keiner fest.

Jetzt veröffentlichte Maurers Anwältin Maria Windhager das Berufungsurteil. Und darin wird festgestellt: Ein wesentlicher Punkt kam bisher viel zu kurz. Denn wer an besagtem Tag im Bierlokal war und damit als Verfasser in Frage kommt, wurde bisher nicht erhoben. Darauf sei „besonderes Augenmerk“ zu legen.

Drei Männer, so erinnerte sich Maurer im Prozess, standen vor dem kleinen Lokal in der Wiener Strozzigasse, als Maurer vorbei ging. Sie sollen Maurer auch „blöd angeredet“ haben. Wenig später erhielt die ehemalige Politikerin die Facebook-Nachricht.

Das unbekannte Trio

Zu klären sei laut Oberlandesgericht, ob auch Bierwirt L. unter diesen Männern war und wer von diesen drei Personen wusste, dass der (frei zugängliche) Laptop im Lokal nicht passwortgeschützt war – genauso wenig wie das Facebook-Konto.  „Es  (gemeint ist das Erstgericht, Anm.) wird somit konkret zu ermitteln haben, ob und wenn ja, welche Person im relevanten Zeitraum die Nachricht verfasst haben könnte und sich nicht damit begnügen, festzuhalten, dass auch andere Personen als der Privatankläger theoretisch Zugriff zu dem Laptop gehabt haben können.“  Bierwirt L. hatte seit jeher bestritten, Verfasser der Nachricht gewesen zu sein –  ein Gast müsste das getan haben.

Bemerkenswert fand das Oberlandesgericht auch die Beschreibung des Privatanklägers und Bierwirts L. durch den Richter. L. hätte sich bei der Hauptverhandlung „patzig, ungehalten bis aggressiv“ verhalten. Die Ursache sah er darin, dass der Bierwirt es so empfand, dass die Angeklagte über ihn Lügen verbreite. Der  Privatankläger habe eben einen „ausgeprägten persönlichen Ehrenkodex“.

Die Richter des Oberlandesgerichts fanden eine andere Erklärung, nachdem sie die Protokolle der Verhandlung studiert hatten. Es scheine eher so, dass Bierwirt L. dann „patzig, ungehalten bis aggressiv“ werde, wenn er durch Fragen des Richters in die Enge getrieben wurde und keine passende Antwort hatte. Und weiter: „Letztlich zeigte der Erstrichter den Privatankläger auch wegen falscher Beweisaussage an, sodass die Glaubwürdigkeit des Privatanklägers selbst beim Erstrichter (...) eingeschränkt gewesen sein dürfte."