Chronik/Wien

Begrünte Brücke beim Wiener Westbahnhof soll Bezirke verbinden

Designläden auf der einen, Wettbüros auf der anderen Seite. Weiße Turnschuhe hier, Kopftücher dort. Veganer Matcha Latta versus Dosenbier. Die Unterschiede, die Neubau und Rudolfsheim-Fünfhaus trennen, sind offensichtlich: Der Gürtel markiert nicht nur die Grenze zwischen zwei Bezirken, sondern auch zwischen zwei Welten.

Sie soll im Zuge der Neugestaltung des Sophienspitals durchlässiger werden – zumindest wenn es nach dem Neubauer Bezirkschef Markus Reiter (Grüne) geht. Und zwar mithilfe einer Brücke über Gürtel und Europaplatz.

Alle Inhalte anzeigen

"Es gibt nach wie vor eine große Barriere zwischen den Bezirken", sagt Reiter im KURIER-Gespräch. "Das betrifft die soziale Durchmischung, die Geschäfte, die Gebäudestruktur. Die Verbindung ist marginal."

Das sei auch der baulichen Situation geschuldet. "Ich würde es sehr begrüßen, diese Kluft zwischen Innenstadt und äußeren Bezirken zu überwinden."

Alle Inhalte anzeigen

Studentenprojekt

Wie das gelingen könnte, hat sich eine Gruppe von Raumplanungsstudenten von der Technischen Universität Wien (TU) überlegt. Ihre Lösung: eine begrünte Brücke für Fußgänger und Radfahrer.

Sie soll das Areal des ehemaligen Sophienspitals mit dem Westbahnhof verbinden.

Alle Inhalte anzeigen

"Der Vorteil dieser Lösung ist, dass sie den Verkehr nicht stört – es braucht keine Ampel“, sagt Andrea Mann, Raumplanerin und Lehrende an der TU Wien. Bei der Konstruktion müsse allerdings beachtet werden, dass die Brücke nicht selbst zum Hindernis werde. "Es braucht einen Lift oder eine Rampe, damit sie barrierefrei ist."

Bezirksvorsteher Reiter will die Idee nun vorantreiben. Auf Magistratsebene habe es bereits erste Gespräche gegeben, sagt er. "Ich möchte die Öffnung hin zum 15. Bezirk und hätte gerne, dass die Stadt das im Zuge der Umgestaltung des Sophienspitals aufgreift."

Vergabe der Baurechte ausständig

Wann zwischen den ehemaligen Krankenhaus-Pavillons (das Spital wurde 2017 geschlossen, Anm.) die Baumaschinen auffahren, ist allerdings noch offen.

Wie berichtet, sind auf dem rund 13.000 Quadratmeter großen Areal unter dem Titel "Sophienpark" ein Bildungscampus, ein öffentlicher Park und etwa 150 Mietwohnungen vorgesehen.

Laut Plan hätte der Krankenanstaltenverbund (KAV), Eigentümer der Liegenschaft, bereits Ende des Vorjahres entsprechende Baurechte vergeben sollen. Noch ist das aber nicht geschehen.

Alle Inhalte anzeigen

Grund dafür soll die verspätete Umstrukturierung des KAV sein. Er wird erst 2020, und nicht wie geplant 2019 aus dem Magistrat ausgegliedert. Daher soll bis dato offen sein, ob die Stadt oder der Rechtsnachfolger des KAV (Wiener Gesundheitsverbund, Anm.) Baurechte für Flächen ehemaliger Gemeindespitäler vergeben darf.

Das Wohnbauressort wollte das auf KURIER-Nachfrage weder dementieren, noch bestätigen. "Die Zuständigkeiten werden dieser Tage geklärt", sagt ein Sprecher von Stadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). Wann die Baurechte vergeben werden sollen, könne man derzeit nicht abschätzen.

15. Bezirk offen für Idee

Für Reiter ist die Brücke daher eher ein mittelfristiges Projekt, das wohl erst in den nächsten Jahren konkret wird. "Klar ist auch, dass ich zwei Gegenüber habe: die ÖBB und 15. Bezirk."

Alle Inhalte anzeigen

Letzterer ist jedenfalls nicht abgeneigt. "Ich wäre sicher nicht einer, der sich gegen so ein Projekt stellt", sagt Gerhard Zatlokal, Bezirksvorsteher (SPÖ) in Rudolfsheim-Fünfhaus. "Eine Frage wird natürlich die Finanzierung sein." Zentral sei aus seiner Sicht außerdem, dass barriefreiere Aufgänge - etwa in Form einer Spirale - vorgesehen sind. 

"Der Gürtel ist unbestritten eine Barriere", pflichtet Zatlokal seinem Amtskollegen Reiter bei. Eine Fußgängerrelation fehle in dem Bereich, der Bedarf dafür könnte aber bald steigen, denn: "Der neue IKEA wird sicher Fußgänger aus dem 7. Bezirk anziehen."

Der Baustart für das schwedische Möbelhaus ist übrigens noch für den heurigen Herbst angesetzt. Es soll das "Blaue Haus" beim Westbahnhof ersetzen.

Alle Inhalte anzeigen

Hintergrund: Bisherige Brücken-Pläne

Im Zuge des Projekts "Gürtelfinale" wollte der damalige Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ) 2010 den Gürtel von einer Verkehrshölle in einen fußgängerfreundlichen Raum mit architektonisch anspruchsvollen Akzenten verwandeln. Damit sollte auch die Barriere aufgebrochen werden, die der Gürtel zwischen den angrenzenden Bezirken bildet.

Ein Mittel dazu sollte eine spektakuläre Holzbrücke für Fußgänger und Radfahrer am Margaretengürtel sein. Schicker-Nachfolgerin Maria Vassilakou (Grüne) hielt ihren Nutzen aber nicht für "überbordend groß" und verzichtete daher auf die Realisierung. 

Alle Inhalte anzeigen

Aus denselben Gründen scheiterte das sogenannte Acconci-Projekt. Dabei handelte es sich um eine Brückenlandschaft über der U6-Trasse auf Höhe der Burggasse, entworfen vom amerikanischen Architekten Vito Acconci.

Dass die Pläne nicht umgesetzt wurden, kritisierte damals die ÖVP. Der Stadt würden enorme Summen an EU-Fördermitteln durch die Lappen gehen, monierte sie. Die Gelder (25 Millionen zwischen 2007 und 2013) wären aber nur zur Verfügung gestanden, wenn die Stadt Mittel in gleicher Höhe zugeschossen hätte.