Chronik/Wien

Wien droht rebellischen Ärzten mit Entlassung

Der Streit um das neue Arbeitszeitmodell gipfelt in einem Maulkorberlass im Krankenanstaltenverbund (KAV). In einem internen Mail droht Personalchefin Renate Christ rebellischen Ärzten mit dienstrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Entlassung.

Hintergrund: In letzter Zeit seien von dienstlichen PCs während der Dienstzeit private eMails zum "Arbeitszeitmodell Neu" versendet worden (siehe Faksimile). Noch dazu an einen großen Kreis von Lesern innerhalb und außerhalb des KAV. Das widerspreche einem Erlass der Magistratsdirektion zur Internet-Nutzung.

Darin ist zwar festgehalten, dass die private Nutzung von eMails im geringen Umfang gestattet ist. Diese eMails dürfen allerdings "nicht dem Ruf oder dem Ansehen des Magistrats schaden oder diesen in Misskredit bringen". Genau das sieht man jetzt im KAV im Streit um das neue Arbeitszeitmodell gegeben.

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Kritik

"Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely will über das eindeutige Votum der Ärzte drüberfahren und nicht an den Verhandlungstisch zurück. Das alleine ist schon skandalös", sagt Wiens ÖVP-Chef Manfred Juraczka. "Nun aber mit Maulkörben für die Ärzte zu arbeiten und per offiziellen KAV-Rundmail jede Diskussion unterbinden zu wollen, schlägt dem Fass den Boden aus." Juraczka fordert Wehsely auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren und zu überlegen, wie "sozial" die SPÖ als Arbeitgeber sei.

Auch Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres findet das Vorgehen der KAV-Generaldirektion "skurril". Immerhin sei der große eMail-Verteiler, über den sämtliche KAV-Ärzte Wiens angeschrieben werden können und um den es im gegenständlichen Erlass geht, "seit Monaten für alle offen". Zudem könne man sowohl intern, als auch extern über den Privat-PC darauf zugreifen. "Da schaut man monatelang zu – und sobald sich unangenehme Kommentare häufen, spricht man auf einmal von einem Verstoß." Als Motiv für den Erlass vermutet Szekeres, "dass sich kritische Bemerkungen über den Generaldirektor in letzter Zeit gehäuft haben".

Überreaktion

Massive Kritik kommt auch von Gernot Rainer, Gründer der neuen Ärzte-Gewerkschaft Asklepios (die im Rathaus lapidar als Verein bezeichnet wird). Er sieht "eine Überreaktion der Generaldirektion". Zumal der Inhalt aller Mails immer transparent für den Dienstgeber gewesen sei. Der Erlass habe "einschüchternde Wirkung", bestätigt er. Die Verwendung des besagten Mail-Verteilers sei deutlich zurückgegangen – weshalb man nun auch überlege, einen alternativen Kommunikationskanal für Ärzte einzurichten.

Im KAV versucht man unterdessen zu beruhigen. "Das waren Mails an große Verteiler. Daher wurde der Erlass noch einmal in Erinnerung gerufen", sagt eine Sprecherin. KAV-Generaldirektor Udo Janßen zeigt ebenso Verständnis: "Es gibt bei jeder Veränderung gewisse Ängste." Doch man werde künftig flexibler auf Bedürfnisse eingehen können. "Keiner wird sich das alte Modell in fünf Jahren wieder wünschen", prophezeit Janßen.

Dafür muss es allerdings erst einmal beschlossen werden. Stadträtin Wehsely betonte, für Nachverhandlungen nicht zur Verfügung zu stehen. Am Donnerstag wird die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten noch einmal über das Arbeitszeitmodell beraten. "Die Vereinbarung ist eine gute Vereinbarung", sagt Gewerkschafts-Chef Christian Meidlinger. Die Umfrage sei eine Umfrage der Ärzte. "Die Gewerkschaft vertritt aber mehr als nur eine Berufsgruppe."

AKH heute nur Notbetrieb

Heute, Mittwoch, treffen sich im AKH die Ärzte zu Dienstversammlungen. Die Ambulanzen in Österreichs größtem Krankenhaus sind dadurch nur für akute Notfälle geöffnet. Alle planbaren Operationen wurden verschoben.