Kaffee im Kassensaal: Angewandte bespielt die Postsparkasse
Von Julia Schrenk
Mehr als der Blick von außen, vom Stubenring, zwischen Café Ministerium und jeder Menge Ministerien, war nicht möglich. Zumindest nicht in den vergangenen fünf Jahren.
Seit die Bawag 2017 dort mit ihrer Zentrale ausgezogen ist, war die Postsparkasse nur noch sporadisch für Veranstaltungen geöffnet. Der Zugang zum beeindruckenden Kassensaal in Otto Wagners prachtvollem Jugendstilbau blieb den allermeisten ganz verwehrt.
Das soll sich jetzt ändern. Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), die 2019 für 99 Jahre das Baurecht am Haus der Signa erworben hat, vermietet das Gebäude nun an mehrere Mieter: An den Wissenschaftsfonds, an die Österreichische Akademie der Wissenschaften, an die Linzer Johannes-Kepler-Uni, an das Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung und an die Universität für die angewandte Kunst.
Und während die anderen hauptsächlich Büros beziehen, bespielt die Angewandte ab sofort auch den berühmten Kassensaal. „In Zukunft wird hier nicht mehr Geld, sondern werden Ideen ausgetauscht“, sagt Gerald Bast, Rektor der Angewandten.
Der Kassensaal wird das Zentrum für das „Angewandte Interdisciplinary Lab“ – eine Plattform an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Forschung. Künftig sollen hier Veranstaltungen, Ausstellungen und Performances stattfinden.
Ort für Austausch
Es gehe aber nicht nur um Austausch zwischen den Disziplinen. „Zum Austausch gehört auch, dass man hierher kommen kann“, sagt Bast. Der Kassensaal müsse wieder ein öffentlicher Ort werden. Die Angewandte eröffnet deshalb auch ein Café.
„Exchange“ heißt es (passenderweise) und wird von Alexander Afrough betrieben. Mit der Mischung aus Gastronomie und Kunst kennt er sich aus. Bevor der große Umbau des Wien Museums begann, betrieb Afrough dort das (tatsächlich) ausgezeichnete Museums-Café.
In der Postsparkasse will der Gastronom (übrigens ein studierter Betriebswirt, der es über die Umwege Do&Co, Neni und Motto am Fluss in die Selbstständigkeit schaffte), interdisziplinär agieren: mit Kaffee, Cocktails, Drinks und kleinen Snacks.
Denn kochen darf Afrough dort nicht, das lässt der Denkmalschutz nicht zu. In seiner Küche muss er sich auf das Zubereiten beschränken. Für Afrough heißt das: Die Zubereitung von Toasts. Keine gewöhnlichen Schinken-Käse-Toasts, sondern aus Sauerteigbrot (zum Teil asiatisch angehaucht). Außerdem hausgemachte Limonaden (Maracuja-Kefir, Kirsch-Cola, Grapefruit-Tonic) und Mehlspeisen.
Das Kaffeehaus wird zunächst einmal von Montag bis Freitag jeweils von 13 bis 18 Uhr sowie bei Abendveranstaltungen geöffnet sein. Und mit reduziertem Angebot. Vollbetrieb und eventuell erweiterte Öffnungszeiten soll es ab September geben.
Leben im Blick
Für das Grätzel am Stubenring, im nun neuen Kunst-Dreieck zwischen MAK, der Expositur der Angewandten in der Vorderen Zollamtsstraße und der Postsparkasse verheißt das Café Exchange ein bisschen echtes Leben, zwischen dem Café Ministerium und jeder Menge Ministerien.
Und einen Blick hinein in eines von Otto Wagners wichtigsten Bauten – statt dem immer gleichen Blick von außen.