Angeklagter im Fall Leonie: "Ich habe mich geschämt"
Tag fünf im Prozess rund um den Tod der 13-jährigen Leonie: Nach einer krankheitsbedingten Pause konnte der Prozess am Montag im Landesgericht für Strafsachen gegen drei beschuldigte Afghanen fortgesetzt werden.
Schon zu Beginn lässt der angeklagte 19-Jährige (in seiner Wohnung in Wien-Donaustadt starb das Mädchen) aufhorchen: "Ich will etwas sagen." Auch sein Anwalt Thomas Nirk deutet aufgeregt. "Sie schauen ganz motiviert, das freut mich", erklärt die vorsitzende Richterin Anna Marchart.
Der junge Mann nimmt in der Mitte Platz. Dann sagt er: "Ich hätte es schon vorher sagen sollen. Aber ich hatte Angst. Ich hatte mit ihr Sex und nachher hab ich neben ihr gekuschelt." Bisher hatte der Beschuldigte erklärt, dass es nie zum Geschlechtsverkehr gekommen war - was DNA-Spuren aber widerlegten.
Späte Erinnerung
Doch die Richterin ist trotzdem irritiert: "Wie ist es zum Sex mit einer Fremden gekommen?" "Einvernehmlich", beeilt sich der Angeklagte zu sagen. "Sie hatten nichts miteinander zu tun, kannten sich nicht. Und das ist Ihnen jetzt eingefallen?", hakt die Richterin nach. "Und sonst war alles richtig, was Sie uns erzählt haben, oder wollen Sie uns noch etwas anderes sagen?" Seine sonstigen Angaben seien alle korrekt gewesen, beteuert der Mann. "Ich habe mich geschämt."
Ein Stichwort, das Rechtsanwalt Florian Höllwarth (er vertritt Leonies Eltern) aufgreift: "Schämen Sie sich auch für etwas anderes in der Tatnacht?" "Was meinen Sie?", ist der Angeklagte irritiert.
Leonies lebloser Körper war am 26. Juni 2021 auf einem Grünstreifen gefunden worden. Wie sich herausstellte, hatte das Mädchen eine massive Ecstasy-Überdosis. Und es war auch vergewaltigt worden. Auf dem Körper des Mädchens fanden sich DNA-Spuren der drei verdächtigen Afghanen. Doch eine Vergewaltigung bestreiten die drei Angeklagten.
Angeklagter war "weiß im Gesicht"
Zeugen sind geladen, die nach dem Vorfall einiges gehört haben. Unter anderem einer, der darauf besteht, dass sein Name in dem Prozess nicht fällt. "Mein Freund hat sich mit Hadji (Spitzname des Zweitangeklagten, Anm.) getroffen. Ich hab sie abgeholt. Dann hat er begonnen zu reden. Dass das mit Leonie bei ihm Zuhause war." Er habe auch darüber berichtet, dass das Mädchen Ecstasy genommen habe, und dass man versucht habe, sie mit Wasser und Joghurt wieder zu Bewusstsein zu bekommen. "Er war komplett weiß im Gesicht", schildert der Zeuge.
Seine Aussagen sorgen bei den Verteidigern für harte Nachfragen. "Wenn noch so eine Frage kommt, stehe ich auf und gehe", kündigt der Zeuge an. Die Richterin versucht zu schlichten: "Wenn ich Lust gehabt hätte, Kindergarten-Pädagogin zu werden, hätte ich das gemacht."
Ein anderer Zeuge berichtet davon, dass der 23-jährige Erstangeklagte nach dieser Nacht zu ihm "zum Schlafen" gekommen sei. Er habe sich in der Wohnung auch laut via Video-Anruf mit einem weiteren Angeklagten unterhalten. Dabei hätten sie sich gegenseitig vorgeworfen, Leonie Drogen verabreicht zu haben.
Weitere Personen anwesend?
Auf Interesse stieß die Aussage eines anderen Mannes. Er berichtet, dass sich in der Tatnacht noch ein weiterer Mann und ein Mädchen in der Wohnung aufgehalten haben sollen. "Ich habe das der Mordabteilung weitergegeben, aber sie haben das nicht ernst genommen." Die Anwälte der Beschuldigten stellten daraufhin den Antrag, die beiden Personen als Zeugen zu laden. Darüber wurde allerdings noch nicht entschieden.
Es sind noch zwei weitere Prozesstage vorgesehen. Die Urteile sollen am 2. Dezember fallen.