Proteste verliefen relativ friedlich. Es gab aber insgesamt neun Festnahmen. Mit Video.
Tausende Teilnehmer haben am Freitag an der Demonstration gegen den Akademikerball in der Wiener Hofburg teilgenommen. Laut Polizei gingen rund 5000 Personen gegen den mittlerweile von der FPÖ organisierten ehemaligen WKR-Ball auf die Straße, die Organisatoren sprachen von mindestens 8000 Teilnehmern. Gröbere Zwischenfälle blieben aus, der größte Protestzug war nach 20 Uhr beendet (siehe auch Video im unteren Abschnitt). Auch wenn im Vorfeld die Vorzeichen nicht unbedingt auf Sturm standen, gab es wieder umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen: Straßensperren im Bereich des Rings und der Hofburg, Securitys vor Geschäften und 2800 Polizisten, die aus ganz Österreich zusammengezogen wurden.
User Shervin Sardari macht dieses 360°-Video:
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Große Demo am Ring
Die größte Kundgebung gegen den Akademikerball begann um 17 Uhr vor der Universität Wien. Mit tausenden Teilnehmern setzte sich der von der "Offensive gegen Rechts" organisierte Demo-Zug kurz nach 18 Uhr in Bewegung. Via Schottenring, Stephansplatz und Stadtpark ging es über den Ring zum MuseumsQuartier.
Festnahmen
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Als der Zug die Börse passierte, wurden Feuerwerksraketen abgeschossen. Unter besonderer Beobachtung der Exekutive stand laut Polizei eine Gruppe von rund 70 vermummten Demo-Teilnehmern. Insgesamt wurden rund um die Kundgebungen vorerst neun Personen festgenommen. Sechs Festnahmen davon erfolgten nach der Strafprozessordnung - etwa wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt oder aufgrund schwerer Sachbeschädigung; drei nach Verwaltungsübertretungen beispielsweise wegen Lärmerregung oder aggressiven Verhaltens gegen Beamte. Alle Festgenommenen wurden nach der Einvernahme auf freiem Fuß angezeigt. Bei den Protesten wurden 14 Polizisten leicht verletzt, hieß es weiters. Auch ist es zu zwei Sachbeschädigungen gekommen - Details dazu waren nicht bekannt.
Polizei filmte mit
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Immer wieder kam es zu kleineren Scharmützeln. Vereinzelt wurden Beamte mit Eiern beworfen. Darüber hinaus versuchten etwa als Clowns verkleidete Demo-Teilnehmer, die Polizei beim Filmen zu stören. Zu Kritik unter den Demonstranten führte eine von der Polizei mittels Tretgitter errichtete, rund vier Meter breite Engstelle im Bereich des Stadtparks. Die Demonstranten wurden dort von der Polizei mittels Kameras gefilmt. Seitens der Exekutive begründete man die Einrichtung der Engstelle mit der "verkehrstechnischen Situation". Für Aufregung sorgte auch die Bildung eines Polizei-"Kessels" in der Herrengasse, bei dem zahlreiche Personen längere Zeit festgehalten wurden.
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Gegen 20.30 Uhr erreichte der Demonstrationszug ihr Ziel beim Museumsquartier bei der Mariahilfer Straße und wurde offiziell beendet. Am Heldenplatz hatten sich rund 400 Teilnehmer zur Protestkundgebung der Plattform "Jetzt Zeichen Setzen!" eingefunden. Dort wurde mit Reden und Musikbeiträgen gegen den Ball in der Hofburg demonstriert.
"Say it loud and say it clear, refugees are welcome here"
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Die Protestierenden hatten sich vor Start des Marsches mit Reden und Slogans eingestimmt. Dass die Demonstration heuer auch im Zeichen der
Flüchtlingskrise stand, war an Transparenten abzulesen. Auf den Plakaten der "Offensive" hieß es u.a.: "Geflüchtete willkommen!
FPÖ vertreiben. Flüchtlinge bleiben." Auch mit Sprechchöre machten die Demonstranten auf ihre Anliegen aufmerksam: "Say it loud and say it clear, refugees are welcome here", schallte es vor der Universität auf der Ringstraße. Die Organisatoren der Demo forderten in ihren Anfangsreden ein Ende des
Akademikerballs in der Wiener
Hofburg: "Burschenschafter raus aus der
Hofburg", lautete ein Slogan.
Auch Strache und Hofer am Ball
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Auf der Ballveranstaltung fanden sich laut
Polizei etwa 1000 Gäste ein - die ersten trafen bereits um 17 Uhr ein, Eröffnung war dann um 21 Uhr. Besucht wurde der Event auch heuer wieder von hochrangigen Vertretern der Freiheitlichen Partei, darunter Parteichef
Heinz-Christian Strache und FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat
Norbert
Hofer.
Strache erklärte bei seinem Eintreffen bei der Hofburg gegenüber dem Privatfernsehsender Puls 4: "Ich habe kein Verständnis dafür, wenn rot-grüne Organisationen gegen politisch Andersdenkende, in dem Fall die freiheitliche Partei, so vorgehen und eine Tanzveranstaltung versuchen zu verhindern - und das dann teilweise zu Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten geführt hat (...), wie vor zwei Jahren, dann hab ich kein Verständnis." Jeder Veranstalter habe das Recht, einen Ball zu organisieren, "so auch wir", so Strache. Bei der Veranstaltung in der Hofburg wurde auch Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling gesichtet. Festerling hatte zuletzt bei einer Legida-Kundgebung in Leipzig Stimmung gegen muslimische Flüchtlinge gemacht und sie mit Blick auf die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln pauschal als "Sex-Terroristen" verunglimpft.
Taxler riefen zum Boykott auf
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Die Verunsicherung war im Vorfeld des Balls groß.
Einige Taxifahrer kündigten etwa an, die City überhaupt nicht anzusteuern: "Ich war letztes Mal sogar ohne Fahrgast dort, trotzdem wurde mir der Rückspiegel von Demonstranten abgerissen." Auch wenn Wiener Antifa-Aktivisten noch am Donnerstag angekündigt hatten, diesmal "nichts Großes" zu planen, wollte die
Polizei nichts dem Zufall überlassen. Denn zu keinem anderen Zeitpunkt im Jahr stehen in der Stadt derart viele Sicherheitskräfte im Einsatz.
Bus in Linz gefilzt
Im Vorfeld der Demo wurden wieder Busse mit Aktivisten angehalten und kontrolliert. Das Bündnis "Linz gegen Rechts" berichtete, dass ihr Bus in Linz 45 Minuten lang gefilzt wurde, auch die Personalausweise wurden registriert. Ein Bus aus Graz wurde kurz angehalten, hieß es seitens des "Aktionsbündnisses Graz".
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Erstmals war die Exekutive mit 29 Doku-Teams mit Videokameras im Einsatz. Hintergrund war der Fall des Demonstranten
Josef S., der nach der Demo 2014 unter anderem wegen Landfriedensbruchs verurteilt wurde. im Prozess standen damals nur Handy-Videos als Beweismittel zur Verfügung. Die oft geforderten
Bodycams gibt es vorerst nicht, auch wegen Kritik der Gewerkschaft.
Schleuse für Medien
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Journalisten bekamen nach der Kritik in den vergangenen Jahren diesmal übrigens problemlos Zugang zum Sperrbereich, allerdings über eine eigens eingerichtete Eingangsschleuse. Wer diese betreten wollte, musste aber eine Auflage erfüllen: "Jegliche Belästigung oder Störung der Ballbesucher ist zu unterlassen."