Behörden: Bereits mehr als 1.800 Tote
Ein gewaltiges Erdbeben der Stärke 7,8 hat den Himalaya erschüttert und in mehreren Ländern über 1.800 Menschen getötet. Besonders schlimm traf die Katastrophe Nepal. Dort sagte Informationsminister Minendra Rijal am Samstagabend, es seien in dem Land mindestens 1.457 Menschen gestorben. Die endgültige Zahl der Toten könne womöglich noch dreimal so hoch liegen. Auch die Zahl der Verletzten ging in die Tausende.
In der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu stürzten zahlreiche Gebäude und Tempel ein, darunter UNESCO-Weltkulturerbestätten. Im angrenzenden Indien, in der chinesischen Region Tibet und in Bangladesch waren Dutzende Tote zu beklagen. Erste Hilfsmaßnahmen liefen an. Aus aller Welt gab es Beileidsbekundungen.
Ein Sprecher des Innenministeriums gab die Zahl der Toten mit mindestens 700 an. Die Ausläufer waren selbst in Indien, Bangladesch und China zu spüren – auch aus diesen Ländern wurden Tote gemeldet.
Notstand ausgerufen
Im rund 700.000 Einwohner zählenden Kathmandu flohen die Menschen auf die Straße. Dort harrten sie stundenlang aus, da es zu vielen Nachbeben kam. Sie fürchteten sich davor, in ihre Häuser zurückzukehren. Der Verkehr kam zum Erliegen, weil die Straßen aufrissen. Das Zentrum des Bebens lag nach Angaben des Deutschen Geoforschungszentrums (GFZ) in Potsdam nur etwa 80 Kilometer von Kathmandu entfernt, in etwa 18 Kilometern Tiefe.
Das ganze Ausmaß der Zerstörung in Nepal sei noch nicht auszumachen, sagte auch Innenministeriums-Sprecher Laxmi Dhakal. "Wir haben noch nichts von weit entfernten Dörfern gehört." In den betroffenen Gebieten wurde der Notstand ausgerufen.
Österreicher betroffen
Es hat ordentlich gerumpelt, und es war sehr unheimlich. Aber es geht mir gut." Diese erlösende telefonische Botschaft erreichte Sabine Holzer im heimatlichen Tristach, Osttirol, am Samstag nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal von ihrem Ehemann Andy, 48. Der blinde Alpinist versucht mit seinem Team gerade den Mount Everest zu besteigen. Dem KURIER sagte die Frau, dass Andy (siehe auch unten), der sich derzeit auf 6400 Metern befindet, weiterhin den Gipfelsturm anpeile. Weniger Glück hatten Kletterkollegen des Tirolers: Bei einem durch die Erschütterungen ausgelösten Lawinenabgang starben mindestens dreizehn Menschen.
Zahlreiche Gebäude der malerischen Altstadt fielen wie Kartenhäuser zusammen und begruben zahlreiche Menschen. So ist etwa von dem 60 m hohen Dharahara-Turm, der zum UNESCO-Weltkulturerbe zählte, kaum noch etwas übrig.
Bilder der Zerstörungen
Ein Wiener berichtet
Auch bei anderen Weltkultur-Denkmälern im Kathmandu-Tal wurden schwere Beschädigungen registriert – auch in Patan, wo der Wiener Thomas Schrom Restaurierungsarbeiten der Königspaläste rund um den "Durbar Square" leitet. "Alles hat gezittert, Bücher sind aus den Regalen gefallen, Gläser zersplittert", sagte er dem KURIER. In dem Areal seien zwei große Tempel eingestürzt. Auch eine Königsstatue sei dem Beben zum Opfer gefallen. "Aber", so Schrom weiter, "der mit österreichischen Geldern restaurierte Königspalast hat kaum Schaden genommen."
Das heimische Rote Kreuz reagiert schnell: Schon heute werden die beiden Helfer Andrea Reisinger und Georg Ecker in die Krisenregion fliegen. "In den ersten Stunden geht es vor allem ums Lebenretten. Menschen müssen aus den Trümmern geborgen und verarztet werden", so die junge Frau, die zwischen 2007 und 2009 in Nepal für das Rote Kreuz tätig war. Die beiden Oberösterreicher werden die lokalen Behörden unterstützen und dabei ihre Erfahrung einbringen, die sie beim Einsatz nach dem Erdbeben auf Haiti sammeln konnten.
50.000 Euro für den Einsatz
In Deutschland bereiteten sich Helfer u.a. des Technischen Hilfswerks für einen Einsatz im Himalaya vor. Die Caritas Österreich unterstützt mithilfe von Partnern an Ort und Stelle die Hilfsmaßnahmen und stellt 50.000 Euro dafür zur Verfügung, teilte die Organisation in einer Aussendung am Samstagabend mit.
Die Berge faszinieren den Osttiroler, der in der Nähe von Lienz aufwuchs und das Erdbeben in Nepal am Mount Everest erlebte (siehe oben), seit seiner Kindheit. In einem KURIER-Interview beschrieb er sie einmal als "das einzige Terrain, in dem ich mich mit meinem Körper total frei bewegen kann". Denn ab einer gewissen Höhe, einem gewissen Schwierigkeitsgrad sei ein jeder Mensch gehandikapt. "Ich bin dann wie jeder andere."
Das ist aber längst nicht der einzige Grund, warum der heute 48-Jährige zu einer Ausnahme-Erscheinung in der internationalen Kletterwelt wurde und schon auf den höchsten Berge der Welt war. Beim Klettern melden seine Hände und Füße, "wohin es geht". Unter anderem bestieg er den Kilimandscharo in Afrika oder den Aconcagua in Südamerika. Der ist immerhin mit 6962 Metern der höchste Berg außerhalb Asiens. "Je höher ich hinaufkomme, desto freier fühle ich mich, als würde mir jemand die Fesseln abnehmen." Diesen Satz sagt der Extremkletterer im Film "Unter Blinden. Das extreme Leben des Andy Holzer", der erst Anfang April 2015 in die Kinos gekommen ist.
Die Expedition auf den Mount Everest hat Holzer selbst organisiert, von der Logistik bis zu seinen Kletterpartnern. Als Blinder sei er stärker auf Begleiter angewiesen. Jeder tue, was er am besten kann, man begegne sich aber in jeder Hinsicht auf Augenhöhe. Die Freunde fänden im Gegensatz zu ihm im Flugzeug die Treppe oder am Berg die schmalste Stelle über eine Gletscherspalte schneller. "Und so ist niemand dem anderen etwas schuldig."
Stärke 9,5 Chile, Mai 1960, 1655 Tote.
Stärke 9,2 Alaska, März 1964, 125 Tote.
Stärke 9,1 Sumatra (Indonesien), Dez. 2004, mit Tsunami auch in anderen Ländern etwa 230.000 Tote.
Stärke 9,0 Ostküste Japans, März 2011, mit Tsunami rund 15.800 Tote. Kamtschatka (Russland), November 1952, keine Toten.
Stärke 8,8 Chile, Februar 2010, 524 Tote. Kolumbien und Ecuador, Jänner 1906, 1000 Tote.
Stärke 8,7 Alaska (USA), Februar 1965, keine Toten.
Stärke 8,6 Assam (Indien), August 1950, 1526 Tote. Sumatra, März 2005, 1313 Tote. Sumatra, April 2012, keine Toten.