Chronik/Welt

Drastische Erhitzung: Wien könnte temperaturmäßig zu Skopje werden

Die Metropolen der Welt müssen sich einer Studie zufolge auf eine drastische Erwärmung des Stadtklimas einstellen. 77 Prozent der 520 größten Städte würden bis zum Jahr 2050 einen deutlichen Wandel der klimatischen Bedingungen erleben, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie von Wissenschaftern der ETH Zürich.

22 Prozent der Städte müssen sich demnach sogar auf völlig neue Klimaverhältnisse einstellen. Auf der Nordhalbkugel würden in Großstädten künftig Klimabedingungen herrschen, wie sie heute mehr als tausend Kilometer weiter südlich vorherrschen, heißt es in der im US-Wissenschaftsmagazin Plos One abgedruckten Studie.

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Paris wie Canberra

In europäischen Metropolen werden die Sommer um 3,5 Grad wärmer, die Temperaturen im Winter steigen um 4,7 Grad. London wird demnach Verhältnisse bekommen wie heute Madrid, das Klima in Paris wird den heute im australischen Canberra herrschenden Bedingungen entsprechen.

Wien würde sich ebenfalls unter den am meisten betroffenen Städten befinden: Die Wissenschafter gehen von einer Erhöhung der durchschnittlichen Jahrestemperatur um 2,3 Grad Celsius aus. Gleichzeitig wäre Wien mit einem Anstieg der im heißesten Monat des Jahres registrierten Höchsttemperatur von plus 7,6 Grad Celsius in Europa mit an der Spitze der betroffenen Metropolen. In Belgrad könnte es beispielsweise mit plus 7,9 Grad Celsius im heißesten Monat des Jahres (plus drei Grad Celsius Jahresdurchschnittstemperatur) zu einem ähnlichen Anstieg kommen.

Für die oberitalienische Industriestadt Turin wird von einer Erhöhung der mittleren Jahrestemperatur um 2,1 Grad Celsius (plus 7,7 Grad Celsius bei der Spitzentemperatur im wärmsten Monat) oder Verhältnissen wie aktuell in Dallas im südlichen US-Bundesstaat Texas ausgegangen. Moskau dürfte 2050 Temperaturwerte wie derzeit Sofia (plus 5,5 Grad Celsius Temperaturspitze im wärmsten Monat des Jahres; im Jahresdurchschnitt drei Grad Celsius mehr) aufweisen, Seattle (plus 6,1 Grad bzw. im Jahresdurchschnitt plus 2,6 Grad Celsius) an der Westküste der USA im Norden solche wie derzeit in San Francisco.

Für die Studie hatten die Forscher eine vergleichsweise optimistische Schätzung des globalen Temperaturanstiegs im Zuge des Klimawandels zugrunde gelegt. Für ihre Modellrechnungen nahmen sie an, dass die Durchschnittstemperaturen um 1,4 Grad ansteigen.

Zeit läuft davon

Das Pariser Klimaabkommen von 2015 schreibt eine Begrenzung des Temperaturanstiegs unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Vor diesem Hintergrund riefen die Forscher zu weiteren Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel auf.

"Wir sind überhaupt nicht vorbereitet. Die Planung für den Klimawandel sollte bereits buchstäblich gestern begonnen haben. Je früher das erfolgt, umso geringer werden die Konsequenzen sein", wurde der Wissenschafter im Guardian zitiert. Insgesamt sei mit einer drastischen Zunahme der Wetterextreme zu rechnen: Hitzeperioden mit Dürre und Wassermangel sowie auf der anderen Seite katastrophale Regenfälle und Überschwemmungen. Die meisten großen Städte der Erde befinden sich in Zonen mit moderatem Klima. Sie würden bei der zu erwartenden weiteren Klimaerwärmung bis 2050 quasi um rund 1.000 Kilometer näher an den "heißen" Äquator rücken.