Chronik/Welt

Razzia im Vatikan: Männer Gottes im Bann des Geldes

Die Vorbereitungen für die dreiwöchige Amazonas-Synode, die am Sonntag beginnt, laufen gerade auf Hochtouren, als ein neuer Finanzskandal den Vatikan überrollt. Am Dienstag hat die vatikanische Gendarmerie eine Razzia in den Büros der Finanzaufsichtsbehörde (AIF) und erstmals auch im Staatssekretariat im Apostolischen Palast, dem päpstlichen Regierungssitz, durchgeführt.

Grund für die Durchsuchungen sind dubiose Immobiliengeschäfte in Millionenhöhe im Ausland. Dabei soll es sich unter anderem um den Erwerb von Luxusimmobilien in London und Paris handeln. Im Visier des vatikanischen Staatsanwalts Gian Piero Milano steht dabei auch erneut ein verdächtiger Umgang mit dem „Peterspfennig“, den Spendensammlungen Gläubiger aus aller Welt für karitative Zwecke.

Nicht der erste Skandal

Bereits im Jahr 2015 sorgte ein Finanzskandal rund um dem Peterspfennig für Schlagzeilen. Damals wurde bekannt, dass 400 Millionen Euro dieser Spendengelder nicht den Bedürftigen zugutekamen, sondern auf Bankkonten gehortet wurden.

Nach der Razzia wurden fünf hochrangige Mitarbeiter vom Dienst suspendiert. Die Namen und Fotos der betroffenen Personen wurden auf Fahndungslisten veröffentlicht. Darunter befinden sich der bisherige Bürochef für Information im Staatssekretariat, Monsignore Mauro Carlino, sowie der bisherige AIF-Direktor Tommaso Di Ruzza.

Die AIF wurde 2010 von Papst Benedikt XVI. eingesetzt, um Geldflüsse im katholischen Kirchenstaat zu kontrollieren und für mehr Transparenz zu sorgen. Da die Vatikanbank wegen zahlreicher Skandale in Verruf geraten war, sollte künftig Geldwäsche sofort unterbunden werden.

Das gesamte Immobilienvermögen des Vatikans wird auf 2,7 Milliarden geschätzt. Offiziell schien es bis 2015 mit weniger als 0,5 Milliarden in den Bilanzen auf. Papst Franziskus verschärfte den Kurs mit zusätzlichen Kontrollinstanzen und gab den Startschuss für weitere Reformen. Vatikan-Sprecher Matteo Bruni bestätigte die Beschlagnahme von „Dokumenten und elektronischen Geräten“ im Staatssekretariat und bei der Finanzaufsicht des Vatikans.

Es sei um „Finanzaktionen im Laufe der Zeit“ gegangen. Der aktuelle Fall zeige, dass die von Benedikt XVI. eingeleiteten und von seinem Nachfolger fortgeführten Prozesse funktionieren würden.

Vatikanbeobachter sind sich uneinig, ob die aktuellen Ermittlungen im Sinne von Papst Franziskus ein Beweis zu einer Neuaufstellung der Vatikanfinanzen sind, oder nur zeigen, dass auch er keine echten Reformen auf diesem Gebiet durchzusetzen vermag. Am Donnerstag hat Papst Franziskus den renommierten Anti-Mafia-Staatsanwalt Giuseppe Pignatone zum neuen Präsidenten des vatikanischen Gerichts ernannt.

Das nächste Gewitter zieht bereits am Horizont auf: Enthüllungsjournalist Gianluigi Nuzzi – bekannt durch „VatiLeaks“ und seine Werke über dubiose Geldgeschäfte und Mafiakontakte im Kirchenstaat – will bald sein neues Buch zu „großen Geheimnissen im Vatikan“ vorzustellen.