Chronik/Welt

Israels Problem: Starker Anstieg und keiner weiß warum

Israel ist verhältnismäßig gut durch die Corona-Krise gekommen. Früh wurden in dem Mittelmeerland strenge Maßnahmen gesetzt. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat in einem Interview Ende März mal eingeräumt, der Appell seines israelischen Amtskollegen Benjamin Netanyahu hätte die österreichische Regierung veranlasst, entschlossener gegen die Pandemie vorzugehen. 

"Ich bin Netanyahu sehr dankbar für den Austausch, den wir da hatten, der am Ende dazu geführt hat, dass wir in Österreich die ersten waren, die in Europa reagiert haben", sagte Kurz dem israelischen Fernsehen.

299 Fälle in 24 Stunden

Bis Ende Mai waren die Zahlen an Neuinfizierten in Israel wenig aufregend. Mit Ende Mai jedoch kamen die ersten Lockerungen und damit auch ein deutlicher Anstieg an Neuerkrankungen. Mehrmals wurde die kritische Marke von 100 Neuinfektionen pro Tag seitdem überschritten. 

Jüngst wurden sprunghafte Anstiege vermeldet, wie sie seit Ende April nicht mehr der Fall waren: Von Montag auf Dienstag gab es 216 bestätigte neue Fälle im Land, von Dienstag auf Mittwoch wurden dann binnen 24 Stunden gar 299 neue Fälle registriert.

Lage "nicht außer Kontrolle"

Sigal Sadetzky, oberste Beamtin für öffentliche Gesundheit, kommentierte besorgt: "Wenn wir das Virus nicht stoppen, wird es sich weiter ausbreiten." Die Lage sei zwar nicht "außer Kontrolle", doch habe Israel ein Problem. Es sei nämlich nicht auszumachen, worauf der sprunghafte Anstieg zurückzuführen sei. "Derzeit haben wir keine Anhaltspunkte, um zu erkennen, wer das Virus verbreitet, so wie das am Anfang der Fall war. Wir wissen nicht, wo wir besonders vorsichtig sein müssen und wo wir weitere Tests durchführen müssten - und das ist das Problem," so Sadetzky.

Fakt ist, dass mit Öffnung der Schulen die Zahl an Neuinfektionen stark angestiegen ist und dass sich zahlreiche Schüler und Lehrer angesteckt hatten. In der zweiten Juni-Woche wurden hunderte Schulen und Kindergärten kurz nach der Öffnung wieder zugesperrt. Netanjahu kündigte an, weitere geplante Lockerungen zu verschieben und "erstmal die Handbremse zu ziehen".

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Dennoch wurde wenige Tage nach seiner Ankündigung Hochzeiten mit bis zu 250 Gästen wieder erlaubt. Auch die Beschränkung für religiöse Feiern fiel. Und selbst jetzt, nach dem sprunghaften Anstieg, hat die Regierung am Mittwoch weitere Lockerungen beschlossen. So soll der Zugverkehr in der kommenden Woche wieder aufgenommen werden, lautete es aus dem Büro des Ministerpräsidenten. 

Transportministerin Miri Regev erklärte, die Wiederaufnahme des Zugverkehrs sei wichtig für die Öffnung der Wirtschaft. "Wenn die Züge nicht fahren, sehen wir überfüllte Busse", sagte Regev. Mit Einsatz der Züge könne man die Passagiere dagegen besser verteilen. Die Fahrkarten müssen im Voraus bestellt werden und es dürfen nicht mehr als 500 Passagiere in einem Zug fahren.

Weiters berichten Medien, dass auch die Wiederöffnung von Kultureinrichtungen geplant sei.

Im Gegenzug soll in Gebieten mit sich häufenden Infektionen, wie im Tel Aviver Vorort Jaffa oder der Beduinenstadt Rahat Bewegungs- und Versammlungsbeschränkungen verhängt und Schulen geschlossen werden.

Laut Johns Hopkins Universität zählt Israel bis dato 19.894 bestätigte Fälle, 303 Menschen sind gestorben.