Israel impft im Akkord, Deutschland im Schneckentempo
Von Susanne Bobek
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu will einen Impfrekord aufstellen und sein Land möglichst schnell von der Corona-Pandemie befreien. Damit könnte der Dauerpremier bei den Parlamentswahlen im März wieder als Sieger hervorgehen.
Allein am Montag wurden 115.000 Israelis aus den Risikogruppen über 60 und medizinisches Personal in eigens errichteten Impfzentren, etwa in Jugendzentren, mit dem Vakzin von BioNtech/Pfizer geimpft: im Acht-Minuten-Takt. Insgesamt erhielten bis Montagabend eine halbe Million Israelis den ersten von zwei Nadelstichen. In Deutschland wurden bis Montag 41.962 Menschen geimpft.
Während Deutschland nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bis Ende Jänner drei bis vier Millionen Impfdosen erhält, soll Israel bis dahin sogar mehr als fünf Millionen bekommen, bei einer Bevölkerung von neun Millionen Einwohnern.
"Weltrekord"
„Unser Ziel bei den Impfungen kommt einem Weltrekord gleich,“ sagt Benjamin Netanyahu laut Tagesschau. „In einem Monat werden wir alle Bürger über 60 und medizinisches Personal impfen. Wenn wir das geschafft haben, können wir nach weiteren 30 Tagen das Virus hinter uns lassen, die Wirtschaft öffnen und Dinge tun, die kein anderes Land tun kann.“
Israel befindet sich derzeit im dritten Lockdown, die Infektionszahlen steigen. Am Dienstag wurden binnen 24 Stunden 5449 neue Corona-Fälle registriert.
Im Gegensatz zur EU dürfte sich Israel aber bereits früher alles andere Länder, mit Ausnahme Bahrains, Impfdosen gesichert haben.
Laut dem israelischen Journalisten Nadav Eyal könne dabei auch Geld eine Rolle gespielt haben. Die EU zahle für eine Impfdosis etwa 18 US-Dollar, Israel angeblich 30 US-Dollar.
Kritik in Deutschland
In Deutschland sind viele Menschen deshalb fassungslos. Am härtesten wütete am Dienstag die Bild-Zeitung. „Zum Ende dieses grauenvollen Corona-Jahres blicken wir in gähnend leere Impfstoff-Laster. Sie bringen uns nicht die Hoffnung auf ein besseres Jahr 2021, sondern Mangelwirtschaft und Mangelverwaltung.“
Anfängerfehler
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Karin Maag von der CDU, war aufgebracht: Sie habe vergeblich versucht, für ihre 85-jährige Mutter einen Impftermin über den bundesweiten Patientenservice zu reservieren. Sie sei auf eine Handy-App verwiesen worden. „Doch bei der App ist die Terminvergabe noch nicht freigeschaltet.“ Maag meinte: „Das sind Anfängerfehler. Das ärgert mich.“
Impfgegnern würde zuviel Augenmerk geschenkt. Aber die, die sich impfen lassen wollen, müssen warten.