Isolierte Familie: Kinder gegen ihren Willen festgehalten
Im rätselhaften Fall der isolierten Familie auf einem Bauernhof in den Niederlanden geht die Polizei nun davon aus, dass die sechs Kinder gegen ihren Willen festgehalten wurden. "Wir denken, dass die sechs Personen dort nicht aus freiem Willen gelebt haben", sagte die Sprecherin der Polizei der Provinz Drenthe, Nathalie Schubart, am Donnerstagabend der dpa.
Die Polizei schließt auch nicht aus, dass die Hintergründe des Falls in einer Art Sekte liegen könnten. Es werde untersucht, "ob es hier um eine besondere Glaubens- oder Lebensgemeinschaft ging".
Hohe Bargeldsumme
Auf dem Hof hatten die Ermittler auch eine große Summe Bargeld sichergestellt. Da die Herkunft nicht bekannt sei, werde der inzwischen festgenommene 67 Jahre alte Vater D. auch der Geldwäsche verdächtigt. Die sechs heute erwachsenen Kinder im Alter von 18 bis 25 Jahren würden versorgt und seien an einem sicheren Ort. Ein 58-jähriger Mann, der aus Österreich stammt, ist bereits zuvor in Untersuchungshaft genommen worden.
Schreiben der Angehörigen des Vaters
Angehörige des bettlägrigen Vaters D. (67) haben jetzt eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Geschichte der seit neun Jahren verschwundenen sechs Kinder und ihres Vaters bestätigen. In dem Schreiben, das offenbar Geschwister und ein Sohn von van D. an den niederländischen Fernsehsender RTL Boulevard übermittelten, heißt es, dass die Familie durch ein weiteres Familienmitglied über die Ereignisse in Ruinerwold informiert worden sei.
In der Erklärung heißt es: "Die Familie hat die Ereignisse in Ruinerwold mit Bestürzung zur Kenntnis genommen. In den letzten Tagen hat uns ein Familienmitglied über die Identität der gefundenen Familie informiert. Herr D. hat in den 1980er Jahren alle Verbindungen zu seiner Familie abgebrochen. Er hat uns geraten, keinen Versuch zu unternehmen, seinen Wohnort zu finden."
Drei weitere Kinder bestätigt
In dem Schreiben werden auch aktuelle Recherchen des KURIER vor Ort bestätigt. Es heißt darin: "Vor acht Jahren flohen drei Kinder von D. von der Familie in Hasselt und kontaktierten ihren Bruder aus einer früheren Ehe, die Großeltern, Onkel, Tanten und Cousins."
Die Familie habe seitdem nichts von der Existenz weiterer Kinder gewusst. Die Mutter von D. sei im Juli 2017 verstorben. Nachforschungen von zwei Notaren, um den Verbleib von D. über das Melderegister herauszufinden, hätten nichts ergeben.
Österreicher in U-Haft
Der 58-jährige Österreicher Josef B., der sich in Untersuchungshaft befindet, ist der Mieter des Bauernhofes in dem Dorf Ruinerwold, in dem Anfang der Woche der Vater und die sechs jetzt erwachsenen Kinder entdeckt worden waren. Sie sollen dort neun Jahre lang isoliert von der Außenwelt in einem abschließbaren Raum gehaust haben.
Ein Sohn der Familie, ein 25 Jahre alter junger Mann, hatte Anfang der Woche in der Dorfschenke um Hilfe gebeten und dadurch die Sache ins Rollen gebracht. Die Polizei hatte dann auf dem Hof die Familie entdeckt.
Hinweise auf Sekte
Über die Motive ist bisher noch nichts bekannt geworden. Am Donnerstag hatte es zunächst Hinweise gegeben, dass zumindest der jetzt festgenommene Vater der Familie zumindest früher Mitglied einer Sekte gewesen war. Ein Sprecher der auch als Moon-Sekte bekannten Vereinigungskirche hatte bestätigt, dass der Mann einige Zeit Mitglied gewesen sei. Die Vereinigungskirche in Österreich wies dies hingegen in Bezug auf Josef B. zurück.
Allerdings wären laut Experten die Lebensweise der Familie und auch ein etwaiges Warten auf ein baldiges Ende der Welt, wie zuvor von manchen Medien berichtet, für Anhänger der Vereinigungskirche untypisch. Diese vom Koreaner Sun Myung Moon 1954 gegründete neureligiöse Bewegung verbindet Ideen aus dem Christentum mit traditionellen asiatischen Elementen und einem Personenkult um den 2012 verstorbenen Gründer und seine Familie. In der Öffentlichkeit bekannt wurde die Bewegung vor allem durch die von ihr durchgeführten Massenhochzeiten.