Wolf, Bär und Luchs: Tirol als Tummelplatz für Raubtiere
Von Christian Willim
Wie war die Aufregung groß, als im Frühsommer vor sechzehn Jahren Bruno der Bär durch Tirol und das benachbarte Bayern streifte. Auf seiner Tour verspeiste er Schafe und plünderte Bienenstöcke. Dass er dabei keine Scheu vor Menschen zeigte, wurde dem männlichen Jungtier zum Verhängnis.
Nach vergeblichen Fangversuchen ereilte den aus Italien zugewanderten Bruno schließlich in Bayern eine tödliche Kugel. Seither gibt es immer wieder Stippvisiten von Bären in Tirol, die sich auf das Drei-Länder-Eck mit Italien und der Schweiz im Oberland konzentrieren.
Mit dem Wolf und dem Luchs haben zwei weitere eigentlich in Tirol ausgerottete Raubtiere in den vergangenen Jahren wieder ihr Comeback gegeben. Und auch Goldschakale, die eigentlich vor allem im Balkan leben, wurden mehrfach gesichtet.
Merklicher Anstieg
Was die sogenannten großen Beutegreifer betrifft, ist inzwischen in Tirol einiges los. Die Zahl der Nachweise ist 2021 erneut merklich gestiegen, wie ein am Donnerstag veröffentlichter Jahresbericht des Landes zeigt.
Erstmals wurden in Tirol drei verschiedene Bären nachgewiesen – entweder genetisch, über Spuren oder durch Bilder. Zwei der Tiere trieben sich im Oberland, eines in Osttirol herum. Ihnen werden um die 80 gerissene Schafe angerechnet.
Von den 378 im Vorjahr durch Raubtiere getöteten Nutztieren gehen allerdings laut dem Bericht 77,5 Prozent auf die Kappe von Wölfen. Sie stehen damit im Fokus, wenn es um den Konflikt zwischen Almwirtschaft und dem strengen Schutz der Beutegreifer geht.
„Wolfsfreie Zone“ lautet der Kampfbegriff der Schafbauern. Der Abschussbescheid gegen ein als Problemwolf eingestuftes Individuum hat, wie berichtet, rechtlich nicht gehalten. Vierzehn verschiedene Wölfe konnten im Vorjahr in Tirol nachgewiesen werden – und das praktisch in allen Landesteilen. Die meisten von ihnen stammten aus Italien.
Die Zahl der Wolfsnachweise in Tirol ist seit 2019 stark gestiegen. Die Route eines besenderten Wolfs führt vor Augen, welche Strecken die Tiere zurücklegen.
Große Strecken
Im März im Schweizer Graubünden mit einem Telemetriehalsband ausgestattet, wanderte das Tier von dort zwischen Tirol und Italien wechselnd Richtung Westen bis ins Zillertal, wo das Signal abriss. Im September wurde der Wolf dann genetisch in Salzburg und im November in Bayern bestätigt.
Auf seiner Wanderung habe das Tier „mehrfach Straßen, Bahngleise, Autobahnen sowie zum damaligen Zeitpunkt winterliche Höhenlagen von über 3.000 Metern überwunden“, heißt es in dem Bericht. Erstmalig starben 2021 in Tirol auch zwei Wölfe bei Verkehrsunfällen auf der Autobahn.
Ebenfalls überfahren wurde im vergangenen Herbst ein Luchs. Der Kadaver lag im Bezirk Landeck auf der Reschenstraße. 2021 wurde sieben Mal ein Luchs an sieben verschiedenen Orten nachgewiesen. Nutztierrisse werden den Tieren keine zur Last gelegt.
Anders als beim Goldschakal, der jedoch nur einige wenige Male zuschlug. Für die Tierart gab es vier genetische Nachweise, ein Goldschakal tappte in eine Fotofalle.