Weniger Veranstaltungen - Salzburg will kein Erlebnispark sein
Von Matthias Nagl
Auch an diesem Wochenende werden die berühmten Jedermann-Rufe durch die Salzburger Altstadt schallen. Die Festspiele sind in vollem Gange und an der Salzach sakrosankt. Die Jedermann-Bühne nimmt den Domplatz mit Auf-und Abbau für rund zwei Monate in Beschlag. Infrage gestellt wird sie nicht.
Vielen anderen Veranstaltungen in der Altstadt mit weniger Bedeutung und Tradition geht es im Moment ganz anders. Kaufleute und Anrainer fordern eine Verringerung der öffentlichen Veranstaltungen in Salzburgs Zentrum. „Es ist zu viel“, lautet der Tenor.
Diagnose Overtourism
Massentourismus und Veranstaltungen am laufenden Band bringen die Altstadt an die Grenze der Belastbarkeit, ist die verbreitete Meinung. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger leidet Salzburg bereits an Overtourism. Laut Schätzungen sind im Schnitt 20.000 Touristen täglich in der Stadt. Gemessen an der Einwohnerzahl beherbergt Salzburg am meisten Gäste aller Landeshauptstädte.
Eine Handvoll Feste ist unumstritten
Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) möchte nun die Veranstaltungen auf dem Residenzplatz auf 90 Tage im Jahr beschränken. Das ist ein Anfang, wird die Diskussion aber nicht beenden. Wie eine Auswertung der grünen Bürgerliste ergab, ist der Residenzplatz ohnehin der am wenigsten belastete unter den vier großen Altstadtplätzen um den Dom.
„Die Diskussion ist zu begrüßen“, sagt Andreas Gfrerer, Obmann des Altstadtverbandes. Nur eine Handvoll Feste seien „lange eingeführte Fixpunkte im Jahresablauf“, meint Gfrerer. Veranstaltungen wie Christkindlmarkt, Festspiele und Rupertikirtag seien unverrückbar. „Ein Marathon in der Stadt ist okay, drei Läufe und dazu noch andere Veranstaltungen, die die Verkehrsführung beeinflussen, sind zuviel“, sagt Gfrerer.
Auch die Politik diskutiert angeregt, welche Veranstaltungen es braucht und welche nicht. SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger befürchtet, dass nach Preuners Einschränkung „nur noch Veranstaltungen für Reich und Schön übrig bleiben“. Die Bürgerliste hat einen Antrag für ein Konzept zur Nutzung der Altstadtplätze im Gemeinderat eingebracht.
Unterschriftenaktion gestartet
Die FPÖ will Veranstaltungen in andere Stadtteile verlagern. Für deren Genehmigung ist im Gemeinderat der Altstadtausschuss zuständig. Zumindest das Ziel eint alle Beteiligten. „Wir müssen achten, dass die Altstadt nicht zum Erlebnispark verkommt“, meint Gfrerer.
„Unser Ziel ist es, die Innenstadt nicht als Freilichtmuseum mit intensiver touristischer Nutzung aufzugeben“, sagt Bürgerlisten-Gemeinderat Markus Grüner-Musil in den Salzburger Nachrichten. Auch die Bewohner werden aktiv. Eine Anrainerin hat eine Unterschriftenaktion gegen die Überfüllung der Altstadt gestartet.
Investition in Indien
Während sich in Salzburg Widerstand gegen die Überbevölkerung der Altstadt regt, wird ganz in der Nähe nachgedacht, wie neue Gästeschichten erschlossen werden können. Das touristische Salzkammergut hat diese Woche mitgeteilt, sich in den kommenden drei Jahren um indische Gäste zu bemühen. Ein Zusammenschluss aus vier Tourismusorganisationen investiert 120.000 Euro in Werbung im indischen Markt.
Die Touristiker hoffen auf „enorme Reichweite“, unter anderem durch einen Bollywood-Film, der bis Frühjahr 2020 im Salzkammergut gedreht wird. Interessantes Detail: Auch Hallstatt ist über die Region Dachstein Salzkammergut Teil der Allianz. Ab Herbst wird dort einen Buslenkungssystem getestet, das die Zahl der Bustouristen einschränken soll.
Die grüne Bürgerliste hat eine Anfragebeantwortung von Bürgermeister Harald Preuner im Detail ausgewertet. „Der Residenzplatz wurde demnach an 123 Tagen, der Mozartplatz an 185 Tagen, Domplatz und Kapitelplatz an 201 Tagen genutzt“, sagt Gemeinderat Markus Grüner-Musil in den SN.
Schon jetzt gibt es für den Tourismus Beschränkungen. Durch das Anmeldesystem für Busse sollen statt 50.000 nur mehr 40.000 Reisebusse