Weinlese im August: Was das für die Landwirtschaft bedeutet
Von Anna Perazzolo
Alles beginnt früher. Die Spargelernte beginnt früher. Die Erdbeerernte beginnt früher. Und nun beginnt auch die Weinlese früher als bisher. Und zwar um mehrere Wochen, wie die Landwirtschaftskammer Österreich bestätigt. Ein Zustand, an den sich die heimische Landwirtschaft gewöhnen muss.
Denn die Saisonalität der Temperaturen, die normalerweise in unseren Breitengraden herrscht, verändert sich, erklärt Josef Eitzinger, Agrarmeteorologe und Professor an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU). „Das Temperaturlevel verändert sich, es wird in allen Jahreszeiten wärmer. Dadurch verschiebt sich die Saisonalität der Vegetation.“ Die Aktivität der Pflanzen beginnt immer früher.
Früherer Anbau
Je nach Pflanzenart hat das unterschiedliche Folgen: Bei einjährigen Pflanzen (etwa Mais), beginnt das Wachstum früher, es endet aber auch früher. „Nutzpflanzen wie Getreide, Mais oder Sojabohnen werden im Frühling mittlerweile einige Wochen früher als noch vor 20 oder 30 Jahren angebaut“, sagt Eitzinger.
Das birgt Gefahren: Umso früher angebaut wird, umso höher ist das Frostrisiko. Entscheidet sich ein Landwirt dagegen aktiv dafür, später anzubauen, steigt das Risiko für Hitze- und Trockenschäden.
Wachstumsphase verlängert sich
Etwas anders gestaltet sich die Situation bei Dauerkulturen. Also bei Pflanzen, die länger auf den Flächen bleiben, etwa Äpfel oder eben der Wein. „Bei diesen Pflanzen verlängert sich die Wachstumsphase. Sie beginnt früher und geht bis in den Herbst“, sagt Eitzinger.
Dazu kommt, dass sich die Pflanzen – egal welcher Art – aufgrund der Temperaturen schneller entwickeln. Was bedeutet, dass auch die Ernte früher reift. Beobachten lasse sich das bei mehreren Kulturen: Beim Heu sind mehr Schnitte möglich. Beim Wein beginnt die Lese nicht mehr im Oktober, sondern im August. Es könnte sogar noch etwas früher werden: „Der Erwärmungstrend hält an, weshalb die Ernte weiter nach vorne rücken könnte.“
Problematische Weinlese in der Hitze
Je nach Kultur führt das zu unterschiedlichen Problemen, sagt Eitzinger. Bei den Äpfeln zum Beispiel kann sich die zunehmende Hitze und Trockenheit auf die Größe der Früchte auswirken. Beim Wein ist das Problem noch vielschichtiger: „Die Weinlese in der Hitze zu betreiben, ist schlecht. Da beginnen die Trauben schnell zu gären.“ Da bleibe nur, die Weinlese in den Nachtstunden durchzuführen oder die Trauben nach der Ernte sofort herunterzukühlen.
In Österreich gibt es rund 10.000 Winzer, die rund 44.000 Hektar Fläche bebauen. Die Erntemenge beträgt in Normaljahren 2,2-2,5 Millionen Hektoliter Wein.
Die Anbauflächen nach Bundesland:
Niederösterreich: 26.700 Hektar
Burgenland: 11.500 Hektar
Steiermark: 5.000 Hektar
Wien: 600 Hektar
Die restlichen Bundesländer: 250 Hektar
Noch herausfordernder sind die Zukunftsaussichten aber für die Weinqualität: Die Anforderungen, die etwa die DAC-Regeln stellen, werden Probleme bringen, sagt Eitzinger. Erklären lasse sich das am Beispiel des Grünen Veltliners: Der Wein braucht einen gewissen Säuregehalt. Durch die immer wärmeren Temperaturen produzieren die Trauben aber immer mehr Zucker. Die Folge: Es muss künstlich nachgesäuert werden. Das sei auch schon passiert, sagt Eitzinger. „Früher hat man die Weine eher nachzuckern müssen, nun muss man Säure zuführen.“
Starke Ertragsschwankungen
Vor allem im Osten und im Nordosten Österreichs seien die ersten Auswirkungen der Klimakrise in diese Richtung bereits spürbar. Neben dem immer früheren Erntebeginn gebe es bereits jetzt negative Ertragseinflüsse, sagt Eitzinger. „Die Ertragsschwankungen nehmen von Jahr zu Jahr zu.“ Unwetterereignisse wie Hagel und Starkregen tragen ihren Teil dazu bei.
Daran werden sich die Landwirte künftig allerdings gewöhnen müssen. „Es bleibt auch nichts anderes übrig, wenn man unter freiem Himmel arbeitet. Die Landwirtschaft ist einer der hauptbetroffenen Sektoren des Klimawandels“, sagt Eitzinger.