Wegsperren auf Almen: Alpenverein warnt vor Schnellschüssen
Von Christian Willim
Scheinbar ungerührt wiederkäuende Kühe, die seelenruhig auf Weiden in den Bergen liegen gehören zum Klischeebild des Almidylls. Doch die vergangenen Jahre haben verdeutlicht, dass die Tiere auch zum Angriff übergehen können. Vor allem wenn Mutterkühe ihr Kälber durch Hunde gefährdet sehen.
Nachdem ein Bauer aus dem Tiroler Stubaital für den Tod einer deutschen Urlauberin, die im Sommer 2014 mit Hund unterwegs war und zu Tode getrampelt wurde, haften soll, ist das Kitschbild ramponiert, das Miteinander von Wanderern und Tieren in Frage gestellt.
Bauern, die nicht wegen solcher Unfälle in den Ruin getrieben werden wollen, drohen mit dem Sperren von Almwegen – für Hunde und in letzter Konsequenz für Wanderer überhaupt.
„Die Verunsicherung ist verständlich“, sagt Peter Kapelari. Der Hütten- und Wegereferent des Oesterreichischen Alpenvereins (AV) wird am Mittwoch in der Tiroler Landwirtschaftskammer mit am Runden Tisch sitzen, wenn über einen Ausweg aus der Misere beraten wird. Im Vorfeld warnt er im KURIER-Gespräch vor „Schnellschüssen aus einer Angstreaktion heraus. Wir müssen den Ball flach halten und eine gemeinsame Lösung finden.“
230 Hütten in Österreich
Der Alpenverein ist in der Causa gleich mehrfach betroffen. Einerseits ist er Interessenvertreter seiner Mitglieder, für die es um die freie Nutzung der Berge geht. Andererseits erhält der AV selbst über 26.000 Kilometer Wanderwege und ist dort auch für die Sicherheit der Benutzer haftbar. Und dann betreibt der Verein auch noch rund 230 Hütten in Österreichs Bergen, deren Zugang bei Wegsperren massiv erschwert werden könnte.
„Wegsperren sind nicht denkbar. Das ist auch rechtlich gar nicht möglich“, sagt Kapelari. Es gäbe nämlich eine Vielzahl ersessener Rechte, sei es zugunsten von Gemeinden, einzelnen Nutzern oder alpiner Vereine. „Die AV-Wege werden seit über 100 Jahren genutzt“, sagt der Wegereferent.
Keine Lust auf Streit
Um das „gute Miteinander“ nicht zu gefährden, sei nun ein kühler Kopf gefragt. „Wir müssen verhindern, dass auf dem Rücken eines einzelnen Bauern nun Streitereien und Konflikte in Gang kommen“, warnt Kapelari.
Er ortet hingegen bereits Ansätze, dass das Kuh-Urteil in Regionen ohne ausgeprägte Almwirtschaft für Wegsperren vorgeschoben wird, „um mit der Haftungskeule ganz andere Interessen zu verfolgen.“ Der AV-Referent sieht diese Gefahr etwa in Gebieten, bei denen die Wanderer Jägern schon länger ein Dorn im Auge sind.
In Tirol könnte ein Haftungsmodell für Almbauern den Druck aus dem Kessel nehmen. Doch die Unruhe hat längst alle Bundesländer mit Almwirtschaft erfasst. Und Bauern weisen bereits darauf hin, dass auch in Talschaften Weidevieh auf Wanderer trifft.