Chronik/Österreich

ÖVP-Bürgermeister: "Leide mit Landeshauptmann Wallner mit"

Kurt Fischer erledigt seine Wege mit dem Rad. Der ÖVP-Bürgermeister von Lustenau ist damit in seiner Gemeinde kein Exot. 

„Der Radanteil am Verkehr liegt bei uns bei 34 Prozent. Das sind holländische Verhältnisse“, sagt der 61-Jährige stolz, der im kommenden März mit den Gemeindewahlen in Vorarlberg seine dann 15 Jahre andauernde Bürgermeister-Karriere beenden wird. Manch politischem Gegner, aber auch ÖVP-Parteikollegen, war Fischer zu grün.

Das hat nicht nur, aber vor allem mit seiner Verkehrspolitik auf Gemeindeebene zu tun. Im Juni wurde in Lustenau Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt, in Begegnungszonen sind es sogar nur 20 km/h, die Autos fahren dürfen. Mit grüner Politik hat das für Fischer nichts zu tun.

Schwarz-grüne Schnittlinien

„Kinder und Senioren haben einfach ein Anrecht auf sichere Mobilität“, sagt er. Mit diesen Ansichten, seinem Eintreten für eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen oder aber dem Fremdeln mit der durch den Ibiza-Skandal beendeten türkis-blauen Koalition im Bund, bewegt sich der studierten Philosoph und ehemalige Lehrer politisch genau entlang jener Schnittlinien, die 10 Jahre lang die Basis für eine schwarz-grüne Landesregierung waren.

Am vergangenen Sonntag wurde dieses Bündnis bei der Landtagswahl abgestraft. Von einer Zwei-Drittel-Mehrheit ist nun nur noch ein Überhang von einem Mandat geblieben, den ÖVP und Grüne gemeinsam hätten. 

Die in Vorarlberg traditionell starke FPÖ landete auf Rekordniveau und wird nun wohl von ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner in die Landesregierung geholt.

Zerrüttete Beziehung

„Ich leide mit der Situation des Landeshauptmanns mit, der jetzt eine Wahl hat, die gar keine ist“, sagt Fischer. Der macht das nicht nur an der schwachen Mehrheit aus, die Schwarz-Grün theoretisch noch hätte. Wie viele in der ÖVP ortete auch er eine Zerrüttung der Beziehung der Regierungspartner in den vergangenen zwei Jahren.

Schwarz-Blau wird bereits von Wallner auf Schiene gebracht. „Ich weiß nicht, welch Geistes Kind die sind. Das wird sich zeigen“, mag Fischer nicht bewerten, wie sehr die von Christof Bitschi geführten Freiheitlichen auf Kickl-Kurs sind. 

Der Bürgermeister saß von 2004 bis 2014 im Landtag. Und damit genau in jener Zeit, als Schwarz und Blau noch gemeinsam regierten, aber auch als den Freiheitlichen 2009 von der ÖVP der Stuhl vor die Tür gestellt wurde – nachdem man zuvor Jahrzehnte miteinander koaliert hatte.

FPÖ einst und jetzt

Kehrt Vorarlberg also einfach wieder auf alte Pfade zurück? „Die FPÖ war damals eine bürgerliche Alternative zur ÖVP. Das ist nicht mehr vergleichbar. Das hat heute nichts mehr mit diesen liberalen Freiheitlichen zu tun, die damals die Aushängeschilder waren“, sagt Fischer. 

Und meint mit diesen Aushängeschildern Blaue auf Landes- wie Kommunalebene – so etwa auch seine Vorgänger. Fischer hat sein Amt 2010 selbst von einem FPÖ-Bürgermeister übernommen. Fast 50 Jahre hatte die FPÖ zuvor das Sagen in Lustenau; bis heute ist es eine Hochburg der Blauen. 

Bei der Landtagswahl haben sie die ÖVP in Lustenau knapp überholt. Die Grünen, die hier ebenfalls eine Hochburg haben, erzielten trotz Verlusten eines ihrer besten Gemeinde-Ergebnisse. Hier wie auf Landesebene sprachen sie sich – sehr zum Ärger Wallners – gegen den geplanten Bau der S18 aus, der vor allem Lustenau berühren würde. 

"Diese Straße wird nie gebaut"

Die FPÖ befürwortet das Projekt. Fischer auch, aber die geplante Variante bekämpft er. Er ist sich aber ohnehin sicher, FPÖ in der Regierung oder nicht: „Diese Straße wird nie gebaut, auch wenn ich 90 werde. Das ist einfach die falsche Lösung.“

Der Bürgermeister geht davon aus, dass die S18 wohl auch noch 2034 bei der Landtagswahl versprochen wird.

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