Chronik/Österreich

Verbrauchtes Wasser heizt ganze Siedlung

Die Siedlung an der Friedrich-Inhauser-Straße in Salzburg-Aigen war in die Jahre gekommen: Beheizt wurden die ursprünglich 75 Wohnungen noch mit Gas. Jetzt ist gleich in mehrfacher Hinsicht eine neue Ära angebrochen. Neben der Aufstockung auf 99 Wohnungen durch die Heimat Österreich ist schon vor der Energie-Krise der Abschied von fossilen Quellen gelungen. „Da hatten wir den richtigen Riecher“, sagt Dietmar Stampfer und lacht. Mittlerweile drängt beim Ausstieg aus Gas (siehe dazu auch Seite 3) ja immer mehr die Zeit.

„Dieser Schacht fasst 30.000 Liter“, erklärt der Energietechniker die Elemente seiner „Abwasser-Heizung“. Er zählt zu den Tüftlern und Visionären, wenn es um neue Wege in der Energietechnik geht. Bei dem Prozess wird Abwasser aufgefangen, Abluft und Wasser Energie entzogen und dann in den Wasser- bzw. Heizkreislauf zurückgeführt.

Nur die Sonne hilft

Nur eine geringe Unterstützung durch Solarenergie ist nötig. Der Prozess ist einfach zu erklären: „Ein Wärmetauscher entzieht dem Wasser Energie, über eine solarbetriebene Wärmepumpe geht es dann in den Pumpspeicher“, so Stampfer. In den Wohnungen sind eigene Abluftventilatoren in Betrieb. Die neue Heizanlage ging mit Jänner 2022 in Betrieb.

Das Potenzial ist gerade bei größeren Wohnanlagen enorm. Pro Person rechnet man mit bis zu 120 Liter Abwasser täglich. Wenn es nach dem Duschen dampft und plätschert, beim Kochen oder auch beim Gang zur Toilette landen tagtäglich tausende Liter lauwarmes Wasser völlig ungenützt im Kanalsystem. Langzeitmessungen haben ergeben, dass die Temperatur bis zu 23 Grad beträgt. Ein weiterer Vorteil des Systems: Neben Heizung und Warmwasser können die Gebäude an heißen Sommertagen auch gekühlt werden.

Abwärme beim Wohnen

Auf reine Wärmerückgewinnung setzen bereits verschiedene Unternehmen wie Wäschereien oder auch Kommunen, wie die steirische Gemeinde Weiz. Stampfer entwickelte schon für das Eco-Suite Hotel beim Salzburg Kolpinghaus eine Anlage und will mit seiner Firma ECA (Energy Consulting Austria) das „Abwasser-Heiz-Konzept“ jetzt verstärkt auch für den mehrgeschoßigen Wohnbau nutzen und weiterentwickeln: „Gerade jetzt, wo das Zuhause mit gestiegenen Homeoffice-Zeiten noch mehr zum Mittelpunkt wird. Die Leute sind mehr daheim, das bedeutet noch mehr Energiereserven.“

Die Energieversorgungsanlage wird derzeit auch über permanentes Online-Monitoring überwacht. Die Fachhochschule Salzburg wertet die Daten wissenschaftlich aus. Und Dietmar Stampfer hat schon die nächsten Lösungen für zwei Wohnanlagen mit 155 beziehungsweise 250 Wohnungen im Kopf.

Seine Abwasserverwertung hat er bereits für den Umweltpreis Energy Globe 2022 eingereicht.