Chronik/Österreich

Übergriffe in Nachtclubs: Warum Code "Ist Luisa da?" nicht reicht

Fremde Hände an der Hüfte, ein unfreiwilliger Kuss, aufdringliche Anmachsprüche. Wer solche Annäherungsversuche in Clubs erlebt, kann an der Bar nach Luisa fragen. Luisa ist ein Code, der den Mitarbeitern signalisiert, dass ein Übergriff passiert.

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Eine Schutzmaßnahme, die in der Theorie einen konkreten Handlungsablauf seitens des Personals in Gang setzt, in der Praxis aber oft zu Überforderung führt. Das weiß auch Chiara, die in Graz in der Nachtgastronomie als Kellnerin arbeitet und am Dienstag bei der Präsentation der Initiative „IG Clubkultur“ von ihren Erfahrungen berichtete.

Die Kampagne „Luisa ist hier“ sei zwar ein guter Anfang, was Gewaltschutz in der Clubszene betrifft, aber damit sei es noch nicht getan.

Bessere Schulungen

„Als Kellnerin hinter der Bar ist man oft so gestresst, dass man nicht die Kapazitäten hat, um sich um die Betroffenen gut zu kümmern. Außerdem wissen viele Mitarbeiter auch nicht, wie man sich verhalten soll, wenn wer nach Luisa fragt“, sagt Chiara. Etwa, wie man die Hilfesuchenden unterstützt, ohne selbst in Gefahr zu geraten. Es brauche viel bessere Schulungen für das Personal.

Das war auch eine der Forderungen, die mehrere Initiativen aus der Clubszene am Dienstag präsentierten. „Es geht darum, Personal hinter der Theke sowie Securitys ausreichend zu sensibilisieren, was Gewaltschutz betrifft. Es gab durchaus Übergriffe, bei denen die Sicherheitskräfte Opfer und Täter einfach aus dem Club geschmissen haben“, sagt etwa Willi Hejda vom Awareness-Kollektiv AWA*.

Gewaltambulanzen fehlen

Zudem setzen sich die Initiativen dafür ein, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Strafrecht für Opfer von Übergriffen verbessert werden. „Ohne Beweise eines Übergriffs wird die Anzeige der Betroffenen sehr oft abgewiesen. Gleichzeitig gibt es nach wie vor keine Gewaltambulanzen, um Verletzungen überhaupt festzuhalten“, erklärt Hejda.

Nicht erst der Prozess, sondern der oft ungeschulte Umgang von Polizei und Justiz könne bereits zu Retraumatisierungen führen. „Werden Klagen eingestellt oder kommt es zu Freisprüchen, sind Gegenklagen häufig die Folge“, so der Vertreter des Awareness-Kollektivs.

Schutz vor Verleumdung

Man fordere deshalb unter anderem einen besseren Schutz vor Verleumdungsklagen bei Betroffenen von sexueller Gewalt, einen Ausbau der Ausbildung für die Behörden und die Umsetzung der Gewaltambulanzen. Verbesserungsbedarf sieht Aktivistin Barbara vom „EAT network“ Innsbruck auch im Bereich des Veranstaltungsgesetzes.

„Weder in den aktuellen Förderrichtlinien noch im Veranstaltungsgesetz gibt es derzeit einen ausreichenden Bezug zum Gewaltschutz. Es wird auch nicht erfasst, ob Institutionen, Orte und Vereine überhaupt über Gewaltschutzkonzepte verfügen.“ „IG Clubkultur“ fordert deshalb eine verpflichtende Berücksichtigung von Gewaltschutzkonzepten bei der Vergabe von Fördermitteln im Veranstaltungsbereich.

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Für Schutz vor Gewalt müssen auch finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, so der Tenor der „IG Clubkultur“. Wenn es mehr Awarenessarbeit geben soll, dann muss diese Arbeit auch fair bezahlt werden“, betont Hejda.