Hilflosigkeit in Syrien: "Bedarf ist größer als Güter, die eingeflogen werden"
Von Katharina Salzer
Simona Mencinger koordiniert die Erdbeben-Hilfe für das Österreichische Rote Kreuz in Syrien von Damaskus aus. Sie war auch im betroffenen Aleppo.
KURIER: Syrien wird von der Welt oft vergessen. Wie ist Situation in der Katastrophenregion?
Mencinger: Seit 12 Jahren befindet sich Syrien in einem Konflikt. Und leider ist es ein globales Phänomen: Je länger eine Krise dauert, desto weniger öffentliches Interesse gibt es.
Wo liegen die größten Probleme?
Schon vor dem Erdbeben war die Situation sehr schlecht. 15 Millionen Menschen waren von internationaler Hilfe abhängig. Wirtschaft und Infrastruktur leiden. Auch wegen der internationalen Sanktionen spitzt sich die Lage zu. Vor dem Erdbeben war nur die Hälfte der Gesundheitseinrichtungen funktionabel. Das gilt auch für die Wasserinfrastruktur. Der Syrisch Arabische Rote Halbmond schätzt, dass 248 Schulen im Erdbeben zerstört wurden, die Wassernetzwerke wurden beschädigt, das Ausmaß wird jetzt erhoben.
Wie reagieren die Betroffenen?
Sie fragen sich, wie es möglich sein kann, dass sie niemandem etwas getan, aber trotzdem so viel Unglück haben. Es gibt eine große Hilflosigkeit. Ein Großteil der Menschen aus Idlib – die Stadt ist sehr vom Konflikt betroffen – ist nach Aleppo geflohen. Die gleichen Menschen sind nun vom Erdbeben betroffen.
Wie geht es weiter?
Wir versuchen, Wassernetzwerke, Schulen und Gesundheitseinrichtungen zu sanieren. In Aleppo ist die Wasserzufuhr für die Stadt unterbrochen. Das ÖRK hat bei der Wasser- und Sanitärversorgung eine große Expertise. Man muss bedenken, dass sich Syrien seit einem Jahr in einer Cholera-Krise befindet. Wo große Massen an Menschen vertrieben wurden, ist es auch ohne Epidemie sehr gefährlich, dass sich Krankheiten verbreiten.
Gibt es genug Hilfe?
Wir sind dankbar und stolz darauf, dass in Österreich viel gespendet wurde. Es ist einiges an internationaler Hilfe zusammen gekommen. Aber der Bedarf ist viel größer als die Hilfsgüter, die eingeflogen werden, oder die humanitäre Hilfe, die vor Ort vom Roten Kreuz umgesetzt werden kann.
Hier können Sie spenden
Österreichisches Rotes Kreuz: roteskreuz.at/erdbebenhilfe
Caritas Österreich: caritas.at/erdbeben-syrien-tuerkei
Nachbar in Not: www.roteskreuz.at/spende-nachbar-in-not