Chronik/Österreich

Stadtseilbahn: Ein Drahtseilakt geht in die nächste Runde

Mexiko bekommt bereits die dritte. Singapur hat eine, Barcelona auch. Und in Paris sind 110 Millionen Euro für eine Stadtseilbahn vom Zentrum bis zum Flughafen Orly für 2025 veranschlagt.

 

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In Wien soll das Kahlenberg-Projekt 70 Millionen Euro kosten: Hinter der Idee – solche gibt es immer wieder (siehe Infobox unten) – steckt nicht die Stadt, sondern die private Firma Genial Tourismus- und Projektentwicklungsplan GmbH. Inhaber der Firma ist Hannes Dejaco. Er betreibt – neben einigen Weihnachtsmärkten (etwa Belvedere) – seit 2012 den Waldseilpark am Kahlenberg. Auch damals gab es Widerstände gegen die Errichtung, geschafft hat er es dennoch.

1964
In der Donaustadt werden Millionen Blumen gepflanzt, Wien wird Austragungsort der Gartenschau. Per Sessellift konnte man bis in die 1980er das Blumenmeer überfliegen

2012
Wirtschaftskammer präsentiert Idee zur Seilbahn für 
den Kahlenberg; inklusive Machbarkeitsstudie

2017
ÖVP präsentiert die Firma Doppelmayr eine Seilbahn von Floridsdorf über das Nordufer der Donauinsel 
bis auf den Kahlenberg

2017
Neos präsentieren  Seilbahn-Idee von Hütteldorf durch das Otto-Wagner-Areal bis nach Ottakring. Das Projekt fließt 2020 ins Regierungsprogramm mit der SPÖ ein

2020 
ÖVP präsentiert Seilbahn vom Handelskai via Donauinsel nach Floridsdorf

2023
Präsentation des Stadtseilbahn-Projekts von Genial Tourismus- und Projektentwicklungsplan GmbH

Das Projekt der Stadtseilbahn ist umfangreicher. Vier Stationen sind geplant: Heiligenstadt, Station Donauinsel Nord (Jedlesee), Strebersdorf und Kahlenberg. 20 Minuten soll die Fahrt insgesamt dauern, in eine Kabine passen zehn Personen. 115 Kabinen werden mit 21 Kilometern pro Stunde auf einer maximalen Höhe von 55 Metern über Wasser und Wälder fliegen. Vorausgesetzt, dass Dejacos Traum von der Seilbahn wirklich wahr wird.

In der Magistratsdirektion der Stadt zeigt man sich nämlich skeptisch. Das Projekt sei „weder offiziell eingereicht noch präsentiert“ worden, heißt es auf KURIER-Anfrage.

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Behördenwege

Schon 2013 hat Dejaco das Projekt vorgestellt. Dem folgten Behördenwege, wie das Ansuchen um eine Konzession. Dann kam ein negativer Bescheid; dagegen wurde Beschwerde erhoben. Danach kam es zu einer Prüfung durch 14 unabhängige Gutachter im Bereich Seilbahntechnik, Verkehr, Landschaftsschutz und Weinbau (uvm). Mehr als 200 Seiten wurden verfasst, dann erhielt das Projekt die Konzession für Bau und Betrieb der Seilbahn.

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Trotz dieser Konzession erteilt die Stadt Wien dem Projekt eine Absage: An den „fundamentalen inhaltlichen Bedenken hat sich nichts geändert“, heißt es aus der Magistratsdirektion. Man wolle alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten „in allfälligen weiteren Verfahrensschritten entsprechend wahrnehmen.“

Einige Verfahren sind noch anhängig: Das baurechtliche Verfahren (Einreichung Sommer 2023) seitens des Klimaschutzministeriums (BMK) sowie das umweltrechtliche Verfahren der MA 22 der Stadt Wien.

Die Sorgen der Anrainer nehme man ernst, man plane Treffen mit ihnen, wird von der Firma betont. Die Seilbahn werde nicht über das Kahlenbergerdorf führen. Und finanziert soll das Projekt von privaten Investoren werden. Die Seilbahn würde von der Firma Leitner errichtet werden, die unter anderem den Cablebus (Stadtseilbahn) in Mexiko oder Berlin (über den Gärten) gebaut hat.

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Möglich wäre die Errichtung ab 2025 in zehn Monaten, heißt es. Mit dem Projektentwurf biete man der Stadt eine Verlängerung der U4 nach Floridsdorf durch die Einbindung der Seilbahn bei der U4-Station Heiligenstadt, eine Verkehrsentlastung der Nordbrücke und der Muthgasse durch das Park-&-Ride-Haus bei Strebersdorf.

Und die Kosten? Für die Gondelfahrer soll es günstige Jahrestickets geben. „Ähnlich wie beim Zoo Schönbrunn“. Genaue Preise könne man noch nicht nennen. „Die Idee kam mir in Australien, dort fährt eine Seilbahn durch den Regenwald“, sagt Dejaco. „Und was im Regenwald möglich ist, sollte doch auch am Hausberg möglich sein.“

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Machbarkeitsstudie

Die Neos zeigen sich demgegenüber offen, auch wenn noch Prüfungen ausstehen: „Allgemein gilt, dass Stadtseilbahnen international populärer werden: sie sind schnell und kostengünstig in der Errichtung, platzsparend und hocheffizient“.

Im Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verweist man auf das Regierungsprogramm (S.167). Dort steht: „Seilbahnen im Natur- oder Landschaftsschutzgebiet (z. B. Kahlenberg) schließen wir aus.“

Die Prüfung der Machbarkeit einer Seilbahn generell, die im Programm für 2022 angekündigt wurde, fehlt noch. Aber zumindest diese Studie soll noch bis Ende 2023 präsentiert werden.

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