Chronik/Österreich

Schüsse auf 14-Jährigen: Verfahren gegen Polizisten eingestellt

Im Fall eines Einsatzes im August 2022 in St. Johann in Tirol, bei dem ein 14-Jähriger durch Polizeischüsse schwer verletzt worden war, hat die Innsbrucker Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die beiden Beamten wegen des Verdachtes der schweren Körperverletzung eingestellt. 

Dies teilte die Anklagebehörde am Montag mit. Der Jugendliche hatte sich im Kastenwagen befunden und war von zwei Projektilen getroffen worden.

Knall für Schuss gehalten

Der Vorfall hatte sich auf den Geleisen im Bereich des Bahnhofes in St. Johann in Tirol ereignet - und zwar nach einer Verfolgungsjagd im Zuge einer Kontrolle in Wörgl (Bezirk Kufstein). Die Polizisten gingen wegen eines lauten Knalls offenbar davon aus, dass auf sie geschossen wird, woraufhin sie selbst das Feuer eröffneten. 

Anwalt ortet "Stil eines Killerkommandos"

Sie gaben insgesamt 16 Schüsse in Richtung des in 50 Meter Entfernung stehenden Wagens ab. Tatsächlich war der Knall aber durch das Platzen des linken vorderen Reifens des Kastenwagens erfolgt, hieß es den Ermittlungen zufolge, die vom Landeskriminalamt Kärnten geführt worden waren. 

Dass sich die Polizisten somit irrten, sei „aufgrund der Situation nachvollziehbar und kann ihnen daher nicht zum Vorwurf gemacht werden“, verlautete es in der nunmehrigen Einstellungsbegründung. Der Kastenwagen bewegte sich während der Schussabgaben und danach weiter und blieb erst nach mindestens 70 Metern stecken.

Unklar, ob es Warnschüsse gab

Ob es Warnschüsse seitens der Beamten gab, konnte nicht festgestellt werden. Die Beschuldigten hatten dies nicht gesichert angeben können. Die Abgabe von solchen erscheine aber in der Situation, in denen sich die Polizisten befanden, als „wenig lebensnah“. 

Nach dem Aussteigen aus dem Auto sei zudem keine weitere Schussabgabe mehr erfolgt, auch im Zuge der Festnahme habe der 14-Jährige keine weitere Verletzung erlitten. Auch angebliche Schläge gegen den Brustkorb oder ein Tritt gegen das Bein konnten nicht nachgewiesen werden.

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Die Verletzungen, die der Jugendliche erlitt, waren allerdings beträchtlich: Er trug laut dem Akt „einen Rumpfsteckschuss und einen Steckschuss im linken Unterarm, einen Bruch der ersten Rippe, Zertrümmerungen der körperfernen Anteile der Speiche, des Mondbeins und des Dreiecksbeins“ davon. Der 14-Jährige musste an der Innsbrucker Klinik viermal operiert werden. Eine unmittelbare Lebensgefahr bestand jedoch nicht.

Schwere Vorwürfe

Der Anwalt des verletzten 14-Jährigen hatte sich nach dem Vorfall mit scharfer Kritik an der Polizei zu Wort gemeldet. Er sprach gegenüber der APA unter anderem von einem „unangemessenem Überschreiten verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt“ und hatte kundgetan, die Polizisten hätten „im Stil eines Killerkommandos“ agiert. 

Zudem berichtete der Jurist, dass der Jugendliche angegeben habe, dass auch noch ein Schuss auf ihn abgegeben wurde, nachdem er das Auto schon verlassen hatte. Ein Behauptung, die sich nunmehr offensichtlich nicht bestätigte. Zwei weitere Fahrzeuginsassen, ein 14-jähriger Österreicher und ein 13-jähriger Russe, waren übrigens zu Fuß geflüchtet, wurden aber zwei Stunden später unweit des Bahnhofs vom Einsatzkommando Cobra festgenommen.

Verdächtiger 14-Jähriger war unbewaffnet

Dem Einsatz auf den Geleisen im Bahnhofsbereich war eine wilde Verfolgungsjagd vom über 30 Kilometer entfernten Wörgl aus vorangegangen. Dort waren die Burschen im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle mit dem offenbar zwei Tage zuvor entwendeten Auto geflüchtet. 

Anschließend war der Kastenwagen mit weit überhöhter Geschwindigkeit auf der Loferer Straße (B 178) Richtung St. Johann unterwegs und lieferte einige riskante Überholmanöver. Im Bereich Going fuhr der Lenker nach Angaben der Exekutive sogar auf eine mit einem Lkw errichtete Straßensperre bzw. Wagen der Polizei zu, lenkte aber im letzten Moment ein und kam schließlich über eine Böschung zurück auf die Fahrbahn.