Chronik/Österreich

Politologe: "Gut, dass die Wahlen beendet werden konnten"

KURIER: Die ÖVP erzielte ihr zweitbestes Ergebnis. War der unspektakuläre "Wahlkampf" (aller Parteien) dafür förderlich?

Klaus Poier: Das war meines Erachtens nur bedingt ein Faktor. Erfolgreiche Bürgermeister konnten sich behaupten. Das mag an der Situation gelegen haben, aber sicherlich auch daran, dass die Protestpartei FPÖ weniger stark präsent war.

Die SPÖ hält sich stabil - welche Gründe kann es dafür geben? Wo hat sie reüssiert, wo nicht?

Erfolgreiche Spitzenkandidaten der SPÖ konnten sich ebenso gut behaupten wie dies auf ÖVP-Seite der Fall war. Die Stabilität der SPÖ hängt aber auch damit zusammen, dass die FPÖ und die Grünen ihr Potenzial im Vergleich zur National- und Landtagswahl nicht ausschöpfen konnten.

Die FPÖ verlor am meisten - macht sie das auch zum Wahlverlierer?

Die FPÖ ist sicherlich der Wahlverlierer, allerdings blieb sie über dem Ergebnis von 2010. Als Katastrophe kann man das Ergebnis daher aus Sicht der FPÖ nicht bezeichnen.

Wie steht es um Grüne, Neos und die KPÖ?

Das größte Problem dieser Parteien ist die geringe Anzahl an Kandidaturen. Alle drei Parteien sind weit von einer flächendeckenden lokalen Verankerung entfernt.

Es gab auch einige Bürgerlisten, die nun den Bürgermeister stellen - ist die Abkehr von etablierten Parteien auch ein Zeichen von Politverdrossenheit?

Bürgerlisten sind auf lokaler Ebene nichts seltenes. Im Vergleich zu manchen anderen Bundesländern, insbesondere Tirol, gibt es in der Steiermark allerdings eher wenige solcher Listen.

Welche Wahlmotive waren aus Ihrer Sicht für diese Wahl ausschlaggebend?

Primär werden Gemeindewahlen von lokalen Faktoren bestimmt. Darüber gelagert bleibt aber freilich auch die allgemeine politische Stimmungslage, die man auch bei dieser Wahl in den Trends erkennen konnte.

Bei der Wahlbeteiligung zwischen Landtagswahl und Gemeinderatswahl gibt es signifikante Unterschiede - sind diese nur auf das Wegfallen von Graz zurückzuführen?

Das ist ein Faktor. Selbstverständlich hat aber auch die Corona-Pandemie eine entscheidende Auswirkung auf die Wahlbeteiligung gehabt.

Wie würden sie die Wahlen zusammenfassen?

Die Verschiebung der Wahlen war eine der ersten negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Demokratie. Es ist gut, dass diese Wahlen nun gut beendet werden konnten. Und es bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Tagen auch keine Corona-Hotspots in Wahllokalen bemerkbar werden.

 

 

 

 

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