Chronik/Österreich

ÖBB-Chef über Weststrecke: "Wird heuer nichts mehr werden"

Das Unwetter legte vor knapp zwei Wochen den Bahnverkehr auf der neuen Weststrecke in Niederösterreich komplett lahm. Die Regenwolken sind mittlerweile weitergezogen, aber ein Problem bleibt: Der Bahnhof Tullnerfeld steht nach wie vor unter Wasser.

Als Folge sind Bahnfahrten zwischen Wien und St. Pölten hier nicht möglich. Aktuell wird über die alte Weststrecke ausgewichen, dort ist allerdings auch nur ein eingleisiger Betrieb möglich. Und an dieser Situation wird sich so schnell nichts ändern.

"Jenseits eines Wunders"

Die Reparatur der sogenannten neuen Weststrecke soll nämlich einige Monate dauern. Doch was heißt das für die Passagiere? „Heuer wird es nichts mehr werden. Das wäre jenseits eines Wunders“, sagt ÖBB-Chef Andreas Matthä. Die Arbeiten sollen sich voraussichtlich über den Jahreswechsel ziehen, da die Sicherheitseinrichtungen vor den Atzenbrugger-Tunneln komplett erneuert werden müssen.

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Problem ist nicht nur der Bahnhof Tullnerfeld, sondern auch die Tunnel entlang der Strecke. Schienen und Oberleitungen seien „soweit in Ordnung“, diese könne man relativ rasch sanieren, sagte Matthä. 

Allerdings benötige man für den Brandschutz alle Rauchmelder und Notrufeinrichtungen. Auch die Sensoren von Brandschutztüren seien betroffen. „All das muss leider erneuert werden – und das dauert“, so der ÖBB-Chef. Grund dafür seien lange Lieferzeiten.

Speed Dating soll helfen

Hoffnung macht, dass von 24. bis 27. September die „Innotrans“, eine Fachmesse für Bahn- und Verkehrstechnik in Berlin stattfindet. „Die Innotrans ist fast ein Glücksfall. Weil ich habe alle Lieferanten an einem Punkt. Wir machen den ganzen Tag Speed Dating“, erklärt Matthä. Vieles passiere dort auch im Vorhinein, da man noch nicht für alle Tunnel abschätzen könne, was konkret gebraucht werde. „Aber das ist letztendlich wurscht. Hauptsache, wir kriegen möglichst schnell die Ersatzmaterialien.“

Von den Unwetterschäden sind derzeit vor allem neuere Tunnel betroffen. Will man nun auch die Infrastruktur ältere Exemplare „wetterfest“ machen? „Das kommt auf die Länge der Tunnel an. Die Tunnelsicherheit hat sehr viel damit zu tun“, erklärt Matthä.

Keine Abstriche bei der Sicherheit

Auf älteren Strecken, die vor rund 150 Jahren trassiert wurden, habe man nur kurze Tunnelstücke. Diese würden eine Rettungskette leichter ermöglichen. In längeren Tunneln brauche man hingegen ein eigenes Rettungskonzept. „Wenn ein Zug zu brennen anfängt, müssen wir wissen, wie die Menschen aus den Tunneln flüchten können. Niemand von uns möchte, dass wir bei der Sicherheit Abstriche machen.“ Die Folge: Züge dürfen aktuell gar nicht fahren.

Neue Busverbindung

Etwas Hoffnung für Bahnfahrerinnen und -Fahrer gibt es aber trotzdem: Ab 10. Oktober soll ein zweites Gleis auf der alten Weststrecke zur Verfügung stehen.

Seit Mittwoch gibt es außerdem eine neue Busverbindung zwischen St. Pölten, Tullnerfeld und Wien im Stundentakt. Damit möchte der Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) für Entlastung sorgen.

Auch der Schienenersatzverkehr der S40 wurde ausgeweitet. Sollte der Bedarf nach dem 10. Oktober weiterhin bestehen und die Reparaturarbeiten nicht wie geplant möglich sein, werde es auch danach ein entsprechendes Ersatzangebot geben, heißt es vonseiten des VOR: „Wir werden die Situation laufend evaluieren und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um die Mobilität der Fahrgäste weiterhin sicherzustellen.“

Weitere Ausfälle

Doch nicht nur die Weststrecke ist weiterhin von Ausfällen betroffen: Von Hochwasserschäden betroffen bzw. infolge der notwendigen Umleitungsverkehre eingeschränkt nutzbar sind die Mariazellerbahn, für die ein Schienenersatzverkehr eingesetzt wird, sowie die Linien S80 und S50.

Außerdem kommt es zu Teilausfällen auf den Linien REX51 und CJX5. „Wir bemühen uns, in Zusammenarbeit mit den beteiligten Partnern, den Betrieb so rasch wie möglich wiederherzustellen und für die Fahrgäste geeignete Alternativen anzubieten“, so der VOR.