NS-Wiederbetätigung: 16-Jähriger zu bedingter Haft verurteilt
Ein 16-Jähriger ist am Mittwoch wegen Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz 3g und 3d zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung am Landesgericht Salzburg rechtskräftig verurteilt worden. Der reuevoll geständige Salzburger soll von Dezember 2021 bis Oktober 2022 den Nationalsozialismus durch hetzerische, antisemitische, glorifizierende Postings und Bilder in sozialen Netzwerken - vor allem via Telegram, TikTok und Twitter - verherrlicht haben.
Der bisher unbescholtene Angeklagte habe bereits ab dem Alter von 14 Jahren, als er gerade erst strafmündig geworden ist, neonazistische und fremdenfeindliche Beiträge im Internet geteilt, wie Staatsanwalt Florian Weinkamer erklärte. „Er wollte als Nazi wahrgenommen werden und anderen eine positive Plattform für den Meinungsaustausch bieten.“ Der Bursch äußerte auf Twitter auch seinen Hass gegen Türken sowie gegen dunkelhäutige Menschen.
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Weiters soll der Teenager auf seinem Telegram-Account gepostet haben: „Ich habe einmal davon geträumt in einer Schule herumzuschießen“, und „ich möchte einmal nach Tschechien fahren um Schusswaffen zu kaufen.“ Deshalb sei der Angeklagte für eine kurze Zeit auch in Untersuchungshaft genommen, erklärte die vorsitzende Richterin Christina Bayerhammer. Da war er 15 Jahre alt. Er habe damals seinen Frust darüber verbal abreagiert, dass es ihm in der Schule so schlecht gegangen und er gemobbt worden sei, erzählte er heute.
Propaganda verbreitet
Der Beschuldigte soll auch Teil einer einschlägigen Telegram-Gruppe mit 16 Mitgliedern gewesen sein. Die internationale Plattform wurde geschaffen, um dort NS-Schriften und die NSDAP verherrlichende Druckwerke einzubringen. Er soll dort selbst zahlreiche einschlägige Schriften hochgeladen und verbreitet haben - laut dem Staatsanwalt mit der Intention, andere zu verleiten, sich im nationalsozialistischen Sinne zu betätigen. „Er hat NS-Propaganda im großen Stil verteilt.“
„Das war ziemlich dumm von mir“, zeigte sich der Jugendliche vor dem Jugendgeschworenengericht geläutert. Von dem Nazi-Gedankengut habe er sich verabschiedet, versicherte er. Derzeit versucht er, durch eine Schnupperlehre wieder Fuß in der realen Welt zu fassen. Er nimmt auch Bewährungshilfe und eine psychiatrische Behandlung in Anspruch.
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Das strafbare Verhalten führte sein Verteidiger Peter Huber auf die schwere Kindheit des Angeklagten zurück, in der er massive Gewalt bis zur Trennung vom Vater erlebt habe. Der Anwalt nannte auch Mobbing in der Schule, massive Essstörungen, die in der Coronapandemiezeit zu einem mehrwöchigen Klinikaufenthalt führten, und Isolation. Mit diesem Lebenslauf sei er anfällig für Radikalisierungen gewesen.
"Falsche Abzweigung"
„In der sehr schwierigen Phase der Pubertät hat er die falsche Abzweigung genommen. Er hat sich im Internet geirrt und verirrt. Er wollte irgendwo dazugehören, weil er keine Freunde hatte“, sagte der Verteidiger. „Ich wollte Freunde haben und dazugehören“, pflichtete ihm der Angeklagte bei. Sein Anwalt schlug eine diversionelle Erledigung des Verfahrens vor. „Er hat die KZ-Gedenkstätten Mauthausen und Gusen besucht, das Unrecht eingesehen und möchte Sozialstunden machen. Er versucht, sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Geben sie ihm eine Chance, die das Gesetz ermöglicht“, appellierte er an die Geschworenen.
Von einer Diversion hat das Jugendgeschworenengericht abgesehen. Zusätzlich zu der bedingt ausgesprochenen Strafe wurde noch die Weisung auf eine Bewährungshilfe und eine Psychotherapie erteilt. Der Strafrahmen in dieser Causa reichte bis zu fünf Jahren Haft.