KZ-Gedenkstätte Gusen: Die Erinnerung kehrt zurück
Nur wenige Kilometer trennen die KZ-Gedenkstätten Mauthausen und Gusen. Die eine ist fest im Bewusstsein der Nation fest verankert; die andere geriet im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit. Gusen ist eines der 40 Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen. Hier waren bis Kriegsende mehr als 70.000 Menschen aus fast 30 Nationen inhaftiert. Etwa die Hälfte von ihnen fand in Gusen den Tod.
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An sie erinnert heute aber nur eine relativ kleine Gedenkstätte beim ehemaligen Krematorium. Dass es die überhaupt gibt, ist der Initiative internationaler Opferverbände zu verdanken: Sie finanzierten das Mahnmal in den 1960er-Jahren aus eigenen Mitteln. Um Gusen wurde es still. Auf dem ehemaligen Lagergelände befanden sich nun Wohnsiedlungen und Gewerbeflächen, der ehemalige Appellplatz verwilderte.
Neugestaltung
Nun wurde ein für die österreichische Gedenkkultur „historischer Beschluss“ gefasst, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz bekannt gab. Dabei wurde der Masterplan für die Erweiterung der Gedenkstätte vorgestellt, an dem in den vergangenen eineinhalb Jahren gearbeitet worden war.
Voraussetzung dafür war der Ankauf von Teilen des ehemaligen Lagergeländes durch die Republik Österreich 2021. Insgesamt sind es nun knapp 70.000 Quadratmeter, für die in einem Beteiligungsprozess unter der Federführung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ein Plan entwickelt wurde. Involviert waren nationale wie internationale Opfervereinigungen ebenso, wie die diplomatischen Vertretungen der Opferstaaten und die örtliche Bevölkerung inklusive der Gemeinden St. Georgen im Attergau und Langenstein.
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Mit einer Neubebauung des Areals wolle man auf jeden Fall zurückhaltend sein, sagt Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. Auch der Appellplatz solle möglichst unberührt bleiben und kontemplative Orte des Rückzugs ermöglichen.
KZ Mauthausen
Im KZ samt seinen Nebenlagern wurden zwischen 1938 und 1945 190.000 Menschen gefangen gehalten, rund 90.000 überlebten nicht.
„Bergkristall“
Das war der Deckname der Stollenanlage für die Rüstungsindustrie, die KZ-Häftlinge in St. Georgen unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen errichten mussten. Beim Bau und der Nutzung des über 8 km langen Stollens starben Tausende Häftlinge.
Weitere Infos
gusen-memorial.org
Drei Bereiche
„Wir schaffen Sehhilfen an einem Ort, an dem die nationalsozialistischen Verbrechen nicht sichtbar sind“, sagt Glück. Wie die KZ-Gedenkstätte Gusen konkret aussehen wird, werden aber erst die Ergebnisse der Gestaltungswettbewerbe zeigen.
Fest steht bereits, dass der Ort drei nicht zusammenhängende Bereiche umfassen wird: die Stollenanlage „Bergkristall“ in St. Georgen, die als unterirdische Rüstungsfabrik genutzt wurde, ein Grundstück, das von den SS-Baracken über den Appellplatz bis zum Schotterbrecher in Gusen reicht und das bereits bestehende Mahnmal.
Die Zustimmung der Anrainer ist groß, sagen die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden. Grund dafür: der partizipative, transparente Beteiligungsprozess „auf Augenhöhe“.
Eckdaten
Der Umsetzungszeitraum ist auf acht Jahre angelegt, 2026 soll mit den baulichen und landschaftsgestalterischen Arbeiten begonnen werden. Doch soll es schon ab dem kommenden Jahr einen Teilbetrieb geben. Die Grundstücke sollen da für Besucher im Rahmen von Rundgängen zugänglich sein. Ab Fertigstellung der Außenanlagen mit 2029 sollen diese Interessierten auch individuell zur Verfügung stehen. Der Vollbetrieb soll 2031 starten.
Die Grobkostenschätzung sieht gut 54 Millionen vor. Der größte Teil davon fällt auf den Bereich Landschaftsgestaltung und Präsentation archäologischer Überreste. Für Neubaumaßnahmen sind hingegen nur 9,1 Millionen veranschlagt.