Chronik/Österreich

Mountainbiken: Der Forstweg bleibt tabu

Mit dem Protest ist es dann doch nichts geworden. In der Salzburger Gemeinde Kuchl demonstrierten am Donnerstagabend Mountainbiker für die Freigabe der Forststraßen, nachdem ihnen der Zugang zu der einzigen Mountainbikeroute im Ortsgebiet von den Grundeigentümern, einer Wegegenossenschaft, im zweiten Jahr in Folge verweigert wird.

Anstatt mit ihren Bikes auf die Nesslangeralm zu marschieren, mussten sich rund 150 Mountainbiker am Donnerstag aber damit begnügen, einen Spaziergang durch den Kuchler Ortsteil Weißenbach zu veranstalten und mit den Bikes an den Häusern vorbeizuziehen. Denn kurz nach der Ankündigung der Aktion bekamen sie ein Schreiben mit einem Betretungsverbot von einem Anwalt.

"Typisch für Österreich"

Das Forstgesetz von 1975 regelt, dass jeder grundsätzlich den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten darf. Es gibt aber bestimmte Ausnahmen: Radfahren oder Reiten bedürfen der Zustimmung des Waldeigentümers. Lange waren die Biker auf der viel befahrenen Straße auf die Nesslangeralm geduldet. Seit zwei Jahren sind sie das nicht mehr. „Kurios und gleichzeitig typisch für Österreich“, findet das Demo-Organisator David Schäffler. „Wir wollen niemanden enteignen, wir möchten nur nicht per Gesetz ausgeschlossen sein“, sagt Schäffler.

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Vertragliche Lösungen

Die Diskussion um die Wegefreiheit im Wald ist zuletzt nicht allein wegen der neuen Tourismuskampagne „You like it? Bike it!“ wieder in Fahrt gekommen. Seit Jahren fordern Mountainbiker, aber auch Vereine wie die Naturfreunde oder der Alpenverein die Freigabe der Forststraßen. Bisher vergebens.

Vertragliche Lösungen

Im zuständigen Nachhaltigkeitsministerium setzt man vielmehr auf vertragliche Lösungen. Kommunen und Tourismusvereine einigen sich mit Waldbesitzern, gewisse Strecken freizugeben. Das können Forststraßen oder Wanderwege sein, freilich unter Einhaltung von Fair-Play-Regeln. Oder auch sogenannte Singletrails – Strecken rein für Mountainbiker.

Im Wienerwald etwa wurden zuletzt zahlreiche neue Strecken eröffnet. Aktuell gibt es Österreich rund 29.000 Kilometer Mountainbike-Routen, die auf vertraglicher Basis befahrbar sind.

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Asphaltanteil zu groß

Das sei zu wenig, monieren die Mountainbiker. Zudem sei bei diesen Routen der Anteil an asphaltierten Straßen zu groß. „Mountainbiken ist ein Breitensport. Die Radfahrer wollen in der Natur Bewegung machen“, sagt Peter Gebetsberger von den Naturfreunden.

Dazu käme, dass „Downhill“-Strecken in Bikeparks oder auch Single Trails für die breite Masse der Biker zu schwer zu befahren seien. Für sie fehle ein passendes Angebot.

Natur unter Druck

Mit dem Trend zum E-Bike, der immer mehr Biker in die Wälder bringt, könnte die Forderung neu bewertet werden müssen. „Mit dem E-Bike kommen Leute viel weiter in den Wald hinein“, sagt Gebetsberger. Der Druck auf die Natur werde zunehmen. Es sei vielleicht eine differenzierte Betrachtung und eventuell nur regionale Freigaben notwendig.

Keine generelle Forststraßen-Öffnung also? Jein, heißt es beim Zukunftsdialog des Alpenvereins. Bewege sich bei der geforderten Gesetzesänderung nichts, brauche es einen massiven Ausbau der vertraglichen Lösungen, sagt Peter Kapelari.

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Von diesem sei man aber im Osten des Landes weit entfernt. „Man muss schauen, wo Ziele wie etwa Hütten sind“, sagt der Experte, der Tirol als Vorzeigebundesland sieht. Auch laut Wolfgang Menzel von der Sparte Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer NÖ wäre die Freigabe hilfreich für den Tourismus.

Laut Kapelari brauche es viel mehr freigegebene Forststraßen. Derzeit sind knapp 30.000 von 120.000 Kilometern für Radfahrer legal befahrbar. „Der umgekehrte Weg wäre gut. Die generelle Freigabe und Verbote nur in Ausnahmen“, sagt Kapelari.

Diesem Wunsch erteilt Felix Montecuccoli, Präsident der Land & Forstbetriebe, eine Absage. Er spricht sich für vertragliche Lösungen aus. Die Freigabe der Forststraßen wäre Enteignung der Waldeigentümer. Auch ökologische Aspekte zum Schutz des Waldes und Haftungsfragen würden eine Rolle spielen.

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Das Thema sei mit der Übernahme der Wegehaftung durch Länder oder Tourismusvereine nur zum Teil gelöst. Dazu käme Konkurrenz von Bikern und Wanderern. Durch E-Bikes würde dies zunehmen. Dass mehr Angebot die Lage entspannt, glaubt er nicht. „ Das Angebot wird nie für alle reichen.“