Chronik/Österreich

Verdacht auf Mord und Vergewaltigung: Russische Soldaten in Wien angezeigt

Bei der Staatsanwaltschaft Wien ist am Montag Strafanzeige gegen russische Soldaten wegen Sexualverbrechen und eines Mordes in der Ukraine eingebracht worden.

Die Menschenrechtsorganisation Center for the Enforcement of Human Rights International (CEHRI) und die Clooney Foundation for Justice (CFJ) legten laut Aussendung Beweismaterial gegen die mutmaßlichen Täter vor und vertreten zwei Frauen, die vergewaltigt wurden. Eine von ihnen lebt demnach mittlerweile in Österreich.

Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte der APA, dass die Anzeige bei ihnen eingebracht worden sei und weitere Schritte folgen würden. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation und der Stiftung der Menschenrechtsanwältin Amal Clooney hatten die Soldaten das Dorf der zwei Frauen im Raum Kiew in den ersten Tagen der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 besetzt.

Was die Opfer erleiden mussten

"Olena" und "Olha" (Namen geändert) wurden demnach nachts von angetrunkenen russischen Soldaten in Begleitung ihres Kommandanten aus ihren Häusern verschleppt. Die Soldaten seien zunächst in Olenas Haus gekommen. Auf ihre Frage, ob die Soldaten sie töten würden, habe der Kommandant geantwortet, dass sie nichts zu befürchten habe, denn "die Jungs wollen nur ein bisschen Spaß haben".

Dann seien die Soldaten zu Olhas Haus gegangen. Als Olhas Mann versucht habe, die Soldaten daran zu hindern, seine Frau mitzunehmen, hätten die Soldaten ihn auf der Stelle erschossen. Nach wiederholten Vergewaltigungen und anderen Formen sexuellen Missbrauchs sei es beiden Frauen gelungen, zu entkommen und in ihre Häuser zurückzukehren. Einige Wochen später sei das Dorf von ukrainischen Truppen befreit worden.

Ein Opfer flüchtete nach Österreich

Eine der Frauen blieb im Dorf, die andere floh nach Österreich, hieß es. Die NGO CEHRI sieht das österreichische Strafrecht für die Taten in der Ukraine anwendbar und die österreichischen Strafbehörden zur Untersuchung und Verfolgung im vorliegenden Fall befugt. Diese Zuständigkeit stütze sich auch auf das Weltrechtspflegeprinzip (Universalitätsprinzip), das Staaten die Verfolgung schwerster Völkerstraftaten, unabhängig vom Tatort und Nationalität von Tätern oder Opfern, ermöglicht.

CEHRI und CFJ fordern nun die österreichischen Behörden auf, strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten und Haftbefehle gegen die Verdächtigen zu erlassen, um deren Verhaftung, Auslieferung und Strafverfolgung zu ermöglichen. Die Haftbefehle können auch in Ländern außerhalb Österreichs durch die Involvierung von Europol und Interpol vollstreckt werden.

Der erste Fall dieser Art in Österreich

"Wir fühlen uns geehrt, die ukrainischen Überlebenden in diesem bahnbrechenden Fall zu vertreten - dem ersten seiner Art in Österreich", sagte Tatiana Urdaneta, Gründungsmitglied von CEHRI. "Wir hoffen nun, dass die Staatsanwaltschaft ohne Verzögerung handelt und ein Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten einleitet."

Die Strafanzeige richtet sich gegen die unmittelbaren Täter der Verbrechen sowie gegen sieben mittel- und hochrangige Befehlshaber. Die Strafanzeige soll detailliertes Beweismaterial von vor Ort in der Ukraine sowie eine Analyse von Open-Source-Daten enthalten.