Chronik/Österreich

Medizinstudium: Vorrang für Landärzte

 Das Fehlen von niedergelassenen Ärzten in Landgemeinden schleppt sich seit Jahren durch alle möglichen Gesundheitsdebatten – bislang ohne wirkliche Lösungsansätze. Jetzt unternimmt Niederösterreichs Landeshauptfrau Johann Mikl-Leitner (ÖVP) einen neuen Vorstoß mit einem 8-Punkte-Programm an die Bundesregierung.

Darin enthalten: die Forderung mit dem Titel „Landarztquote bei Studienplätzen“. Ähnlich wie in Bayern soll ein Teil der Medizinstudienplätze ausschließlich für jene angehenden Mediziner vorbehalten sein, die sich verpflichten, mindestens fünf Jahre in einer Bedarfsregion als Arzt tätig zu sein.

Wie das funktionieren soll, hat Mikl-Leitner bei der Präsentation der Agenda „Sichere Gesundheit im ländlichen Raum“ so formuliert: „Soweit zur hausärztlichen Versorgung nötig, können Bewerber für diese Quotenplätze zugelassen werden, die sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnis verpflichtet haben, nach Studienabschluss sofort eine entsprechende Facharztausbildung zu durchlaufen und nach deren Abschluss eine Tätigkeit im Versorgungsgebiet aufzunehmen.“

Forderung: Mehr Studienplätze

Das Medizinstudium spielt auch bei einem weiteren Punkt eine wichtige Rolle, bei der Forderung nach mehr Studienplätzen. Heuer haben sich 17.600 Personen für 1.740 Studienplätze beworben. Für Johanna Mikl-Leitner wäre es notwendig, die Zahl der Plätze an öffentlichen Universitäten auf mehr als 2.500 zu erhöhen.

Es gibt zwei weitere Punkte zum Studium: Die Ausbildungsinhalte müssten vielmehr den Bereich „Allgemeinmedizin im ländlichen Raum“ enthalten, wobei die „Soziale Kompetenz“ ein wichtiger Faktor sein sollte, um zum Studium zugelassen zu werden. Und es sollten Landarzt-Stipendien für jene Studierenden geschaffen werden, die sich ebenfalls verpflichten, in einer Landgemeinde tätig zu sein.

Kritik an der ÖGK

Für die Forderungsliste hatte sich die Landeshauptfrau noch ihren Stellvertreter Stephan Pernkopf, Landesrat Martin Eichtinger, Filip Deimel vom Amt der Landesregierung, Markus Klamminger von der Landesgesundheitsagentur NÖ sowie den praktischen Arzt Alireza Nouri aus Wiener Neudorf an den Tisch geholt. Letzterer hält es für entscheidend, dass die Tarife für die Allgemeinmediziner von der Gesundheitskasse ÖGK angehoben werden. Vor allem, wenn es darum geht, den Patienten auch genügend Zeit widmen zu können.

Die ÖGK spielt auf der Liste überhaupt eine entscheidende Rolle. Von ihr wird verlangt, dass sie die Versorgung der Kassenärzte sicherstellt. Es würden ja auch die Menschen am Land Kassenbeiträge zahlen, sagt Mikl-Leitner. Deswegen: Sollten Stellen nicht binnen eines Jahres besetzt werden, müssen Hilfssysteme eingerichtet werden. Zum Beispiel direkte Verrechnungsstellen mit den Klinikbetreibern oder die Forcierung von mobilen Ordination, heißt es im Punkt 6 des Forderungspapiers.

Förderung für Bedarfsregion

Außerdem sollte die Trägerschaft für Primärversorgungszentren erleichtert werden. In Niederösterreich könnte sich etwa die Landesgesundheitsagentur vorstellen, solche Zentren zu führen und mit der ÖGK abzurechnen. Unbesetzte Kassenstellen sollten außerdem in Zukunft der ÖGK keine finanziellen Vorteile bringen. Das Geld, das sich die Kasse dadurch erspart, müsste vielmehr in Länder-Fonds für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung fließen. Und nicht zuletzt sollte die ÖGK eine Förderung von 60.000 Euro bereitstellen, wenn sich ein Arzt in einer Bedarfsregion niederlässt.

Ein großes Paket, von dem sich Niederösterreich wünscht, dass es noch in dieser Regierungsperiode einer Lösung zugeführt wird. Wobei sich Johanna Mikl-Leitner auch die Unterstützung der Ärztekammer erwartet. „Das muss doch in ihrem Interesse sein“, sagt die Landeshauptfrau.

157 Kassenstellen,
für Ärzte waren zu Beginn des Jahres von den Krankenkassen ausgeschrieben, aber nicht besetzt. 95 davon betraf die Allgemeinmedizin, 62 waren Facharztstellen

48 Prozent,
aller niedergelassenen Ärzte erreichen  in den kommenden  Jahren ihr Pensionsalter  

7.174 Ärzte,
sind derzeit mit einem Vertrag bei der Gesundheitskasse ÖGK registriert. Dem standen Ende des Vorjahres in Österreich 10.175 Wahlärzte gegenüber. 2008 war das Verhältnis noch ausgeglichen